Kabinett billigt das Umzugskonzept

■ Innenminister Seiters meldete gestern Vollzug: Acht der achtzehn Ministerien bleiben in Bonn, zehn ziehen in die Hauptstadt Berlin um/ Berlins Bürgermeister Diepgen setzt auf Nachverhandlungen

Bonn/Berlin (taz) — Acht Ministerien bleiben in Bonn, die anderen gehen. Wenn es um den Umzug nach Berlin geht, dann ist in Bonn höchste Aufmerksamkeit sogar dann garantiert, wenn nichts Neues verkündet wird. Innenminister Seiters hatte gestern nur Vollzug zu melden: Die Bundesregierung hat den 2. Bericht des Arbeitsstabes Berlin/Bonn unverändert übernommen. Schon am Vortag hatten beide Seiten, Ex-SPD- Chef Vogel für die Berlinfraktion und die Düsseldorfer Staatskanzlei für die Pro-Bonner, wortreich über diesen Bericht geklagt. „In allen seinen Teilen“, so Seiters, will die Bundesregierung den Parlamentsbeschluß zur Hauptstadtfrage verwirklichen. Nach Berlin gehen neben Kanzleramt und Bundespresseamt die Ministerien für Justiz, Wirtschaft, Arbeit- und Sozialordnung, Familie und Senioren, Frauen und Jugend, Verkehr, das Innen-, Außen- und Finanzministerium sowie das Bauministerium. Die acht verbleibenden in Bonn sind das Landwirtschafts-, Gesundheits-, Umwelt- und Verteidigungsministerium sowie Forschung, Post, Bildung und Entwicklungshilfe. Fünf „Politikbereiche“, die Bonn um diese acht bildet, sollen der Stadt zu einem eigenen Profil verhelfen, die eine „beständige und faire Arbeitsteilung zwischen Bonn und Berlin“ gewährleisten sollen. Nach der Rechnung des Arbeitsstabes verblieben bei dieser Lösung knapp 14.000 der 21.000 ministeriellen Arbeitsplätze in Bonn. Die praktische Probleme dieses Vorschlags sind bisher nur auf dem Papier gelöst. So haben die in Bonn verbleibenden Ministerien selbstverständlich auch einen Dienstsitz in Bonn, und der jeweilige Minister soll sich während der Bundestagssitzungswochen in Berlin aufhalten. Wenig Konkretes auch bei den Zeitplänen. Seiters wiederholte die Vorgaben aus dem „Berlin-Beschluß“ des Bundestages: Arbeitsfähigkeit des Parlaments in vier Jahren, volle Funktionsfähigkeit in zehn Jahren. Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen bemühte sich gestern nachmittag in moderaten Tönen um Verständnis für die Bonner Entscheidung. Er halte sie für einen Schritt in die richtige Richtung und setze auf Nachverhandlungen. So sei seines Erachtens noch nicht zweifelsfrei definiert, was unter dem im Beschluß der Bundesregierung verwendeten Begriff des „Amtssitzes“ zu fassen sei.

Für ihn sei klar, daß die „Dienstsitze“ aller Mitglieder der Bundesregierung in Berlin seien. „Konkretisierungen“ seien notwendig. Dabei könne er sich „den einen oder anderen Wunsch“ noch vorstellen. So hielte er eine Trennung von Außenpolitik und Entwicklungshilfepolitik nicht für sinnvoll. Die bestehenden Entwicklungshilfeinstitutionen sollten in Berlin bleiben. Der Beschluß der Bundesregierung ließe noch „Fragen offen“. C.B.