: Eine euro-asiatische Union entsteht
■ Die mittelasiatischen Republiken der ehemaligen UdSSR wollen der slawischen Union beitreten Von den 287 Millionen früheren Sowjetbürgern wären dann 259 Millionen wieder unter einem Dach
Moskau (afp/ap/dpa) — Aus dem jüngst gegründeten slawischen Dreibund wird nun offenbar eine neue euro-asiatische Union. Mit der Entscheidung der fünf zentralasiatischen sowjetischen Republiken in der Nacht zum Freitag, der neuen Gemeinschaft beizutreten, sind gleichzeitig die Unionspläne des sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow gescheitert. Die Erneuerung der auseinanderbrechenden Union geht auf der Grundlage des Brester Abkommens, das Rußland, die Ukraine und Weißrußland am Sonntag abschlossen, nun von den Republiken aus.
Auf einer Konferenz in der turkmenischen Hauptstadt Aschchabad nahmen die Präsidenten von Kasachstan, Kirgisien, Turkmenien, Tadschikstan und Usbekistan eine Erklärung an, in der sie die Präsidenten der drei slawischen Republiken auffordern, sie als Mitgründer der Gemeinschaft anzuerkennen. Die fünf Präsidenten erklärten, sie seien von dem am Sonntag in der weißrussischen Stadt Brest unterzeichneten Dreierabkommen überrascht worden, bewerteten diese Initiative aber insofern als positiv, als der nach den Beschlüssen des fünften Kongresses der Volksdeputierten in Gang gesetzte Prozeß einer Integration der bisherigen Gliedstaaten der UdSSR in eine Sackgasse geraten sei. Als notwendig bezeichnen sie es, daß Atomwaffen, strategische Streitkräfte und Marine unter einem einheitlichen Kommando bleiben.
Der Rat der Republiken des Obersten Sowjets der UdSSR hatte am Donnerstag eine Debatte über das Dreierabkommen vertagt mit der Begründung, erst müsse das Ergebnis des Treffens von Aschchabad abgewartet werden.
Die fünf mittelasiatischen Republiken bringen 50 Millionen Menschen in die neue Gemeinschaft ein. In den drei slawischen Republiken leben 209 Millionen Menschen. Die übrigen vier der nach dem Abfall Estlands, Lettlands und Litauens verbliebenen zwölf Unionsrepubliken der bisherigen UdSSR — Armenien, Aserbaidschan, Georgien und Moldawien — haben eine Bevölkerungszahl von zusammen 19 Millionen, die drei baltischen Staaten 9 Millionen.
USA starten Hilfsinitiative für die Sowjetunion
Der Vorschlag des amerikanischen Außenministers James Baker über eine internationale Konferenz zur Koordinierung der Hilfe für die Sowjetunion hat am Freitag nur ein verhaltenes Echo gefunden. Ein Sprecher des französischen Außenministeriums stellte in unterkühltem Ton klar, daß „die Hilfe für die Bevölkerungen der UdSSR ein vorherrschender Gedanke Frankreichs und der EG“ sei, „der sich bereits in der Praxis niedergeschlagen“ habe. 1990 und 1991 habe die Sowjetunion von der internationalen Gemeinschaft 52 Milliarden Dollar (knapp 82 Milliarden Mark) Hilfe und Hilfszusagen erhalten, davon 43 Milliarden (67 Millarden Mark) oder 83 Prozent von der EG. Der Anteil der USA habe sich dagegen auf nur acht Prozent belaufen.
Großbritannien begrüßte den Vorschlag. „Das ist eine gigantische Aufgabe. Je mehr Länder sich daran beteiligen, desto besser,“ sagte ein Sprecher des Außenministeriums.
Ein Sprecher der EG-Kommission sagte am Freitag in Brüssel: „Wenn das bedeutet, daß die USA bereit sind, besser die Lasten zu verteilen, dann ist dies eine gute Nachricht.“ Baker hatte am Donnerstag vorgeschlagen, daß die führenden Industrienationen, die Länder Zentral- und Mitteleuropas, die Partner der Koalition im Golfkrieg und die internationalen Finanzorganisationen Anfang Januar in Washington zusammentreffen sollten, um über die Koordinierung der humanitären Hilfe für die Sowjetunion zu beraten. Er teilte in einer Grundsatzrede in der Universität von Princeton mit, die Konferenz solle darauf hinarbeiten, „den Menschen in der Sowjetunion zu helfen, sich selbst zu helfen, um durch den Winter zu kommen“. Die Arbeit solle sich auf wichtige kurzfristige Hilfe bei Nahrung, Medizin, Treibstoff und Unterkünften konzentrieren.
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