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Hape Kerkeling und sein Priester

Nach dem Outing von Rosa von Praunheim wird heftig diskutiert/ Auch Biolek ging jetzt in die Offensive  ■ Von Manfred Kriener

Berlin (taz) — Zumindest eines hat Rosa von Praunheim erreicht: Nach seinem spektakulären Auftritt auf dem Heißen Stuhl von RTLplus wird plötzlich überall intensiv über Homosexualität diskutiert. Praunheim hatte in der Sendung gefordert, daß sich mehr Schwule und Lesben öffentlich zu ihrer sexuellen Orientierung bekennen sollen. Um ein wenig nachzuhelfen, „outete“ der Filmemacher zwei Kollegen aus dem Showbiz: Talkmaster Alfred Biolek und den TV-Spaßvogel Hape Kerkeling. Biolek, der aus seiner sexuellen Identität nie ein Geheimnis machte und sich in Köln mehrfach mit seinem Freund fotografieren ließ, ist stinksauer. „Kein Kommentar“, so Bio am Donnerstag. Doch bei der Verleihung des „Tele-Star“ ging auch der Talkmaster in die Offensive. Den Preis, verriet er den Zuschauern, werde er mit seinem Lebensgefährten teilen, mit dem er seit 16 Jahren zusammenlebe.

Hape Kerkeling („Jetzt ist es endlich raus“) hat sich dagegen gleich nach Praunheims Outing offen als homosexuell bekannt. Nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub werde er mehr zu diesem Thema sagen, hieß es gestern in seinem Büro. Dem Kölner 'Express‘ vertraute der sympathische Komiker an, daß er „mit einem farbigen katholischen Priester“ zusammenlebe...

Der Bundesverband Homosexualität lehnt das Outing von TV-Lieblingen und anderen Identifikationsfiguren grundsätzlich ab. Es müsse jedem selbst überlassen bleiben, ob und wann er sich offen bekenne. BVH-Vorstand Dirk Meyer macht allerdings eine Ausnahme: Das Outing von Pete Williams, Sprecher des US-Pentagons, fand er berechtigt, weil die US-Army Homosexuelle diskriminiere und keine Schwulen als Ausbilder zulasse. Jutta Oesterle-Schwerin, Ex-Bundestagsabgeordnete und Sprecherin des Lesbenrings, kritisierte Praunheims Outing als „gefährlich“, weil es Angst und Entsolidarisierung fördere und damit „nur unseren Gegnern hilft“. Es sei Sache jeder einzelnen Person, ob sie mit ihrer lesbischen oder schwulen Lebensweise offen, offensiv und politisch umgeht oder nicht.

Rainer Schilling vom Schwulen- Referat der Deutschen Aids-Hilfe findet es richtig, dann zu outen, wenn zum Beispiel Politiker eine schwulen- und lesbenfeindliche Politik machen, obwohl sie selbst homosexuell sind. Er jedenfalls werde sich hüten, etwa die vielen schwulen CDUler, die in aller Stille „für uns Politik machen“, öffentlich bekanntzumachen. Schilling kritisiert allerdings auch, daß viele heimliche Homosexuelle negative Reaktionen auf ein Bekenntnis antizipieren, die völlig überzogen seien. „Es ist Quatsch zu behaupten, daß die Diskriminierung gegen Schwule wegen Aids zugenommen hat.“

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