: Dynamos gaben keinen Strom ab
■ Eintracht Frankfurt besiegte Dresden problemlos mit 3:0 und ist trotzdem kein Weihnachts-Erster/ „Nigger raus!“-Sprechchöre in der Ostkurve verdarben die Stimmung im Frankfurter Waldstadion
Frankfurt/Main (taz) — Es ehrt die Spieler von Dynamo Dresden, daß sie sich schämten — für ihre knapp 150 sogenannten Fans, die in ihrem Käfig in der Ostkurve (!) des Waldstadions neunzig Minuten lang rassistische Choräle geprobt hatten: „Nigger raus!“. Selbst als es längst 3:0 für die Eintracht aus Frankfurt stand, hüpften die Hooligans aus der sächsischen Hauptstadt noch wie vom „Woodoo“-Affen gebissen auf den Stehplätzen herum.
Dabei hatte Dynamo-Torwart Rene Müller den Ghanesen Anthony Yeboah schon kurz nach Spielbeginn demonstrativ in den Arm genommen. Und die beinharten Verteidiger Schößler und Büttner, die Yeboah hauteng markierten, halfen dem wuchtigen schwarzen Stürmer der Eintracht nach „körperbetontem Einsatz“ gleichfalls demonstrativ- freundlich wieder auf die Beine. Die Meute in der Ostkurve ließ sich nicht beeindrucken. Dynamo-Präsident Ziegenbalg sagte nach dem Match auf dem hartgefrorenen Rasen des Waldstadions, daß es sich um „großartige Fans“ handele. Die schwarz- gelben Kuttenträger (Fanjargon: „Uhus“) hätten die Mannschaft selbst nach den drei Toren der Eintracht noch „lautstark unterstützt“. „Nigger raus!“-Rufe habe er nicht gehört — nur „Dynamo, Dynamo!“.
Fußball wurde an diesem bitterkalten Nachmittag in Frankfurt auch noch gespielt. Ohne Bäume ausreißen zu müssen, schaukelte die Eintracht einen nie gefährdeten 3:0-Sieg nach Hause. Da genügten ein paar blitzschnelle Angriffe über die Flügel, ein paar Dreipaßtricks von Bein und Möller — und die Dynamos gaben keinen Strom mehr ab. Schon nach dreizehn Minuten stand es 1:0 für die Frankfurter. Büttner foulte Sippel im Strafraum, und Bein verwandelte den Elfer unhaltbar zum Führungstreffer für die Eintracht.
Nur knapp fünfzehn Minuten später konnte Müller einen strammen Schuß von Yeboah nur abklatschen, Weber reagierte am schnellsten, flankte zu Jörn Andersen, und der wuchtete das Leder mit dem Kopf zum 2:0 unter die Torlatte. Der Norweger freute sich nach seinem Treffer wie ein Schneekönig, denn es war sein erstes Tor im Waldstadion — nach seiner Rückkehr von Fortuna Düsseldorf zur Eintracht. Lapidarer Kommentar von „Steppi“ Stepanovic zu Anderson nach dem Spiel: „Sechs Tore hat der für uns gemacht. Und genau deshalb haben wir ihn gekauft.“
Als dann Uwe Bein kurz nach der Pause mit einem sehenswerten Freistoß-Heber über die Mauer der Dynamos hinweg von der Strafraumgrenze aus das 3:0 markiert hatte, war die Partie gelaufen. Die Eintracht schaltete zwei Gänge zurück. Die Elbstädter hatten sich da schon aufgegeben. Wie das „Kaninchen auf die Schlange“ hätten seine Spieler auf die Ballkünstler vom Main gestarrt, sagte Dynamo-Trainer Helmut Schulte später und schlußfolgerte daraus: „Wir waren gute Gäste.“
Nur schade, daß Antony Yeboah kein Tor gelang. Wiederholt wurde er von Bein, Möller und Sippel angespielt, die dem Afrikaner — nicht nur wegen der rassistischen Gesänge aus der Ostkurve — ein Erfolgserlebnis gegönnt hätten. Stepanovic hatte vor dem Spiel die Teilnahme von Yeboah am Afrika-Cup vom 10.Saisontor des Ghanesen abhängig gemacht. Doch nach dem gewonnenen Match zeigte sich „Steppi“ gnädig. Weil Yeboah im Training ein blitzsauberes Tor geschossen habe, dürfe er dennoch in der Winterpause für Ghana spielen: „Das hat der Mann verdient.“
Wo Andreas Möller im neuen Jahr spielen wird, ist dagegen noch immer unklar. Möller selbst sagte, daß er auch im Frühjahr noch in Frankfurt kicken werde. Davon geht auch Eintracht-Vizepräsident Bernd Hölzenbein aus, obgleich sich der italienische Club Atalanta Bergamo offenbar alle Rechte an „Andy“ gesichert hat. Hölzenbein: „Es gibt keine Anzeichen dafür, daß Möller von sich aus nach Italien wechseln will.“ Das vorläufig „letzte Wort“ bei der Entwirrung des Vertragsgestrüpps hat jetzt die FIFA. Im schlimmsten Fall, so Hölzenbein, werde die Eintracht bei einem Wechsel Möllers nur das Geld erhalten, das sie für ihn bezahlen mußte: „Kein Schaden für die Vereinskasse — aber auch kein Reibach.“ Klaus-Peter Klingelschmitt
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