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Iran leuchtet Sudans Militärs den Weg

Rafsandschani beendet den „historischen Besuch“ im Sudan/ Finanziert Iran Khartums Waffenkäufe für den Krieg im Süden?/ Menschrechtsorganisationen: „Hunderte Dörfer“ in Kordofan ausgelöscht  ■ Von Dominic Johnson

Berlin (taz) — Irans Präsident Ali Akbar Rafsandschani hat zum Abschluß seines Staatsbesuches im Sudan bestritten, daß sein Land der sudanesischen Armee im Kampf gegen die südsudanesische SPLA-Guerilla militärisch hilft. „Unsere Kooperation mit dem Sudan konzentriert sich auf technische, ökonomische und Handelsbeziehungen“, sagte er auf einer Pressekonferenz mit dem sudanesischen Militärherrscher, General Omar Al Beschir.

Daß das nicht die ganze Wahrheit ist, machte Beschir sogleich deutlich, als er Irans islamische Revolution als „Minarett, das den Muslims den Weg leuchtet“ pries. Tatsächlich ist der Iran heute einer der wichtigsten Freunde des Sudan, seitdem Beschir sich durch die Unterstützung des Iraks im Golfkrieg die Sympathien Saudi-Arabiens verscherzte. Ein Troß von 150 iranischen Würdenträgern und Politikern begleitete Rafsandschani auf seinem „historischen Besuch“, der die „Konsolidierung der islamischen Bewegung“ zum Ziel hatte.

Seit Beschirs Machtergreifung im Jahre 1989 wurden Staat und Gesellschaft im Sudan stark islamisiert. Führend in der Regierungsjunta sind die Moslembrüder der „Islamischen Nationalen Front“ (INF), deren Aktivisten zu Tausenden auf Schlüsselstellen im Staatsapparat befördert worden sind. Anfang 1991 wurde die Scharia, das islamische Recht, offiziell eingeführt. Nachdem Beschir Mitte November das Informations- und Kulturministerium persönlich übernahm, debattierten die kontrollierten sudanesischen Medien ausführlich über die Stellung der Frau: So sollten laut der Regierungszeitung 'Al-Kawat al-Massalaba‘ Frauen zukünftig nur noch im Hotelgewerbe, im Einzelhandel und als Friseuse beruflich tätig sein.

Doch nicht nur die Islamisierung kennzeichnet das Beschir-Regime — auch der mit ungeminderter Härte geführte Krieg gegen die schwarzafrikanischen Bevölkerungen des Südens und die dort kämpfende „Sudanesische Volksbefreiungsarmee“ (SPLA). Wie auch die vorherigen Regierungen rekrutiert die Zentralregierung in den Provinzen, wo arabische und schwarze Völker zusammenleben, Milizen auf ethnischer Grundlage. Strategie der Regierung dabei ist die Räumung von Land, das bisher von schwarzen Völkern bewohnt wurde. Dort können dann arabische Hungerflüchtlinge angesiedelt werden, die bisher in Khartum die Elendsviertel füllen.

In den letzten Monaten hat es nach diesem Muster schwere Kämpfe zwischen Milizen des arabischen Baggara-Stammes und dem schwarzen Nuba-Volk gegeben, das in den Nuba- Bergen der Provinz Süd-Kordofan lebt. Nach einem vor einer Woche veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisationen „Africa Watch“ und „Survival International“ sind bis jetzt Dutzende von Nuba-Dörfern zerstört und ihre Bewohner ermordet worden. Da in Kordofan Nahrungsmittelknappheit herrscht, sind Überlebende dem Hungertod preisgegeben. „Die Menschen sind dazu gezwungen, die Reste von ausgepreßten Erdnüssen zu essen, die sonst an Tiere verfüttert werden“, heißt es. „Dies nennt man 'Saddam-Hussein-Kekse‘.“

Weiter westlich, so der Bericht, geht die Regierungsarmee zusammen mit den Milizen auf ähnliche Weise gegen das Fur-Volk vor. „Hunderte“ von Dörfern seien „dem Erdboden gleichgemacht“ worden; gegen die Zivilbevölkerung würden Kampfhubschrauber eingesetzt.

Für diesen Krieg kauft die Regierung Beschir nach Angaben einer in London erscheinenden sudanesischen Oppositionszeitung Waffen aus China. Das Militärgerät im Wert von 300 Millionen Dollar finanziert demzufolge Teheran, auf Veranlassung des sudanesischen Moslembruderführers Hassan Al Tourabi. Eine Hubschrauberlieferung soll bereits im Sudan eingetroffen sein, zusammen mit chinesischen Beratern.

Eine andere Leitfigur der Moslembrüder, Ali el-Haj, fördert die Spaltung der SPLA: Wie er selbst eingestand, traf er letzten Monat im kenianischen Nairobi mit dem SPLA-Dissidenten Lam Akol zusammen, der seit Oktober den Hauptflügel der SPLA unter John Garang bekämpft.

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