: „Ohne Scham nach Schweden“
■ Wegen der verworrenen Situation in den für die EM qualifizierten Fußballverbänden der UdSSR und Jugoslawiens können Italien und Dänemark auf eine Teilnahme hoffen
Rom (dpa) — Mit gemischten Gefühlen hat Italiens Fußball darauf reagiert, daß die sportlich verpaßte Europameisterschafts-Teilnahme doch noch durch die Hintertür möglich werden kann. Sollte die für die EM-Endrunde in Schweden qualifizierte UdSSR nämlich bei der Auslosung zur EM-Endrunde am 16.Januar nicht von einem anerkannten Verband repräsentiert werden, würde nach einem Beschluß der UEFA der Gruppen-Zweite — vermutlich Italien — den freien Platz einnehmen. Hoffen kann auch noch Dänemark, das möglicherweise anstelle von Jugoslawien im Konzert der besten acht europäischen Mannschaften mitspielen darf.
Nach der Entscheidung der UEFA steht für die Azzurri das letzte Qualifikationsspiel am Samstag gegen Zypern nun unter völlig anderen Vorzeichen. Für den neuen Teamchef Arrigo Sacchi steht urplötzlich nicht die behutsame Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft 1994 in den USA im Vordergrund, sondern ein deutlicher Sieg, um Platz zwei zu sichern.
Nationalstürmer Gianluca Vialli würde es bedauern, wenn „wir aus den Problemen der Sowjetunion Vorteile ziehen würden“, sich aber „über eine Teilnahme freuen“. Nationalkeeper Walter Zenga sagt: „Mich kann überhaupt nichts mehr erschüttern.“ Er erinnert an die EM- Qualifikation '88, als die Niederlande eine Partie wiederholen durften, um nicht ausgeschlossen zu sein. Und vor dem olympischen Fußballturnier 1984 in Los Angeles sei das nicht qualifizierte Italien herausgefischt worden, um eines der Teams aus dem boykottierenden Osten zu ersetzen. Zenga: „So gesehen, sollten wir ohne Scham nach Schweden gehen und uns voll einsetzen.“ Völlig anderer Meinung ist National-Libero Franco Baresi: „Ich hoffe, die Russen gehen nach Schweden, sie haben es sich verdient. Sie waren uns auf dem Feld überlegen.“
Der italienische Fußballverband ist zu einer offiziellen Stellungnahme vorerst nicht bereit. Präsident Antonio Matarrese will die endgültige Entscheidung der UEFA abwarten. Die hat dem sowjetischen Fußball- Verband ein Ultimatum gestellt. Wenn der sowjetische Verband am 16.Januar bei der Auslosung der EM-Endrunde als Vertreter einer geplanten neuen Gemeinschaft Unabhängiger Staaten auftritt, wäre die Teilnahme gesichert.
Alexej Paramonow, verantwortlicher Sekretär des UdSSR-Fußball- Verbandes, sagte, sein Verband solle in den Verband einer Gemeinschaft souveräner Staaten umgewandelt werden. Geplant sei, in Moskau eine Tagung einzuberufen, an der alle 167 Vereine der Organisation teilnehmen sollen. Eine Neuordnung der sportlichen Verbände ist durch das Brester Abkommen der unabhängigen Republiken Weißrußland, Rußland und Ukraine sowie das am Dienstag abend beschlossene Ende der sowjetischen Staatsstrukturen bis spätestens zum 31.Dezember notwendig geworden.
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