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Imame für Europa

Berlin (taz) — Imame für Europas Moscheen werden ab Montag in der islamischen Privathochschule in dem Dorf Saint-Léger-de-Fougeret in Mittelfrankreich ausgebildet. Die Universitätsgründer nennen das „Entstehen eines europäischen Islam“ und den Dialog mit anderen Religionen als Hauptziele der Arbeit. Doch ihr Versprechen stößt in Frankreich auf Skepsis.

Das Geld für das „Institut européen des sciences humaines“ stammt unter anderem aus den nicht gerade demokratischen Golfstaaten Saudi- Arabien und den Arabischen Emiraten und von den „Moslembrüdern“, die sich durch die Unterstützung fundamentalistischer Regime einen Namen gemacht haben. Für Unruhe sorgt auch die Besetzung des Universitätsbeirats mit Mitgliedern moslemischer Organisationen aus Algerien und Tunesien.

54 StudentInnen — darunter zwei Frauen — wurden für den ersten Durchlauf der vierjährigen Ausbildung in Saint-Léger-de-Fougeret ausgewählt. Sie sollen den Grundstock eines moslemischen Klerus für Europa bilden. Ein Drittel von ihnen kommt aus Frankreich, wo der Islam die zweitstärkste Religion ist, die übrigen aus Deutschland, Großbritannien, Jugoslawien, Bulgarien und anderen osteuropäischen Staaten. Langfristig soll die erste islamische Hochschule im modernen Europa die Nachwuchsrekrutierung im Maghreb überflüssig machen.

In Frankreich wird das Projekt seit Monaten kontrovers diskutiert. Die Gegnerschaft zu der moslemischen Privatuniversität vereint dabei VertreterInnen der verschiedensten politischen Lager. Als erste forderte die rechtsradikale „Front National“ im Oktober in Saint-Léger-de-Fougeret einen „Kreuzzug“ gegen den Islam. Später gab der aus Togo stammende Staatssekretär für Integration der sozialistischen Regierung, Kofi Yamgnane, zu bedenken, der Dialog werde sicher nicht Hauptanliegen der künftigen Imame sein. Schließlich lehnten liberale moslemische katholische und jüdische Theologen die Einladung ab, in Sain-Léger-de- Fougeret zu lehren.

Die Initiatorin der Universität hingegen, die mächtige „Union islamischer Organisationen in Frankreich“ (UOIF), bestreitet energisch, sie wolle eine Kaderschmiede für Fundamentalisten bilden — zuletzt Ende Dezember in Le Bourget. Unter dem Beifall von mehreren tausend französischen Moslems begrüßte der UOIF-Generalsekretär zuerst den Wahlsieg der algerischen Fundamentalisten, um im nächsten Atemzug zu versichern, seine Organisation stehe für Toleranz. dora

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