: Mercedes-Benz steigt in der CSFR ein: Mit Transportern in die Ost-Offensive
■ Stuttgarter Autobauer und Avia-Konzern beschließen Joint-venture/ 350 Milliarden Investitionen geplant
Prag/Stuttgart (dpa/taz) — Mercedes Benz startet eine neue Lastwagen-Offensive: Das Stuttgarter Automobilunternehmen wird in der CSFR zusammen mit dem Prager Avia-Konzern Mercedes-Transporter und Lastwagen bauen. Eine entsprechende Absichtserklärung über das gemeinsam angestrebte Projekte ist gestern vom Vorstandsvorsitzenden der Mercedes-Benz AG, Werner Niefer, Lkw-Chef Helmut Werner und Avia-Generaldirektor Vlastimil Devera in Prag unterzeichnet worden. Damit ist der französische Automobilkonzern Renault, der ebenfalls bei Avia einsteigen wollte, aus dem Rennen.
Die Stuttgarter Autobauer wollen in den nächsten fünf Jahren über 350 Millionen Mark in das Projekt investieren. Mercedes-Lenker Niefer erklärte bei der Vertragsunterzeichnung, daß nach den jetzigen Plänen in den kommenden fünf Jahren jährlich rund 30.000 Mercedes-Lkw von den Bändern des Gemeinschaftsunternehmens rollen sollen. Avia-Chef Devera hält später sogar eine Aufstockung auf 37.000 Mercedes-Lkw pro Jahr für möglich. Vorbehaltlich der Zustimmung der Prager Regierung soll der endgültige Kooperationsvertrag Mitte 1992 unterzeichnet werden. Die Produktion der Nutzfahrzeuge soll dann bereits Anfang 1993 erfolgen.
Mercedes-Benz wird an dem Gemeinschaftsunternehmen zunächst 31 Prozent halten. Die Stuttgarter machen aber keinen Hehl daraus, daß sie in den nächsten fünf Jahren eine Mehrheit an dem Joint-venture anstreben. Das Unternehmen, dessen Kernzelle das Stammwerk von Avia in Prag-Letnany sein wird, soll in den internationalen Produktionsverbund der Mercedes-Benz AG eingebunden werden. Niefer sprach von einem „zukunftsweisenden Konzept, auf dessen Grundlage die CSFR zum Standort einer modernen und internationalen wettbewerbsfähigen Nutzfahrzeugproduktion werden kann“. Rund 4.000 Mitarbeiter sollen in der Lkw-Fertigung beschäftigt werden, wie „Mister Mercedes“ ankündigte.
Begonnen werden soll mit dem leichten Transporter MB 100. Mercedes ist seit längerem bemüht, seine Position bei den leichten Transportern international kräftig auszubauen und der Konkurrenz von VW, Toyota und Ford Paroli bieten. Der Kleintransporter wird bereits im spanischen Vitoria gebaut; vor Weihnachten hatte Mercedes mit dem koreanischen Autohersteller Ssang Yong Motor Company ebenfalls ein Kooperationsabkommen geschlossen. Dort sollen ab 1994 jährlich 50.000 MB-100-Transporter vom Band laufen.
Als Grund für die Kooperation mit Avia gelten bei Mercedes die neuen Märkte in Osteuropa, in denen gerade die tschechische Nutzfahrzeugindustrie eine Schlüsselposition einnehmen wird. Avia-Chef Devera erklärte, daß sein Unternehmen die internationale Wettbewerbsfähigkeit noch stärken könne. Die in dem Joint-venture gefertigten Lkw sollen auch nach Rußland exportiert werden. Avia beschäftigt rund 8.500 Mitarbeiter innerhalb des Gesamtkonzerns und produziert derzeit 10.000 Transporter pro Jahr. Mercedes Benz fertigt weltweit pro Jahr rund 260.000 Nutzfahrzeuge und ist im Bereich der schweren Lkw Weltmarktführer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen