: Bonn gegen Artenschutz für Tropenholz
Bundesministerien für Wirtschaft und Landwirtschaft sabotieren Artenschutz für Tropenhölzer ■ Von Werner Paczian
Münster (taz) — Die Bundesministerien für Wirtschaft und Landwirtschaft versuchen offensichtlich, den internationalen Schutz für bedrohte Tropenholzarten zu verhindern. Das geht aus internen Papieren von Holzhändlern hervor, die der taz vorliegen. Die Unterlagen zeigen, daß die beiden Ministerien gemeinsam mit dem „Verein Deutscher Holzeinfuhrhäuser“ (VDH) eine Aufnahme von gefährdeten Tropenhölzern wie Ramin in das „Washingtoner Artenschutzübereinkommen“ (WA) strikt ablehnen. Das von über 70 Staaten unterzeichnete Artenschutzabkommen verbietet oder beschränkt den Handel mit Pflanzen- und Tierarten, die vom Aussterben bedroht sind.
Der Schutz von sieben gefährdeten Tropenholzarten steht im März bei den Unterzeichnerstaaten zur Entscheidung an. Bis dahin muß sich auch eine EG-Umweltarbeitsgruppe auf eine gemeinsame europäische Linie verständigen. Während aber die Niederlande und Dänemark massiv den Schutz bestimmter Tropenhölzer fordern, hat sich die Bundesregierung nach Auskunft des zuständigen Umweltministeriums offiziell noch nicht festgelegt.
Offenbar hat Bonn aber längst entschieden, jegliche Einschränkungen im Tropenholzhandel abzulehnen. Das geht aus einem Schreiben des VDH-Geschäftsführers Schulze- Riewald vom 1. November 1991 hervor, in dem er einen Holzhändler aus Ulm über die Problematik informiert. In dem Papier heißt es: „Das für das WA zuständige Gremium der EG hat vorgeschlagen, wichtige Tropenhölzer in das WA einzubeziehen. Damit wäre ein normaler Außenhandel mit diesen Hölzern nicht mehr möglich. Der VDH hat gegenüber dem Forstministerium (Landwirtschaft, Ernährung und Forsten) sehr eingehend hierzu Stellung genommen. Inzwischen hören wir, daß die Bundesregierung keinen Antrag auf Einbeziehung dieser Hölzer in das WA stellen wird. Entscheidend ist jedoch, daß auch die EG keine derartige Initiative unternimmt. Die Frage ist, ob die Bundesregierung ihren Einfluß geltend macht, um einen derartigen Antrag zu verhindern.“
Dies scheint nun der Fall zu sein. An einer Expertenanhörung Mitte Dezember 1991 in Bonn nahmen neben Vertretern aus dem Umwelt-, Wirtschafts- und Forstministerium auch zwei VDH-Delegierte teil: die Tropenholzhändler Günther Beyer (Firma Danzer, Reutlingen) und Manfred Dreyer (Holz-Henkel, Göttingen).
Dreyer hat den Verlauf des Gesprächs in einer Aktennotiz festgehalten: „Herr Beyer und ich haben gegen die gesamte Vorgehensart protestiert und unseren Standpunkt bewußt aggressiv vertreten. Hierbei wurden wir sowohl von Herrn Schmok (Wirtschaftsministerium) als auch Herrn Dr. Stinshoff (Forstministerium) hervorragend unterstützt. Beide Herren machten deutlich, daß sich die Bundesregierung ganz klar gegen jedwede Beschränkung des Tropenholzhandels ausgesprochen habe.“
Reinhard Behrend vom Verein „Rettet den Regenwald“ wirft der Bundesregierung deswegen „Komplizenschaft mit den Regenwaldzerstörern“ vor. „Während Bundeskanzler Kohl sich in Brasilien als Regenwaldschützer hinstellt, boykottieren zwei seiner Minister konkrete Schutzmaßnahmen.“ Damit verliere Kohl „jede Glaubwürdigkeit“. Der Tropenholzverbrauch in der Bundesrepublik sei schließlich mitverantwortlich, daß solche Arten heute vor der Ausrottung stünden.
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