: Rückkehr der „Tonton Macoutes“
■ Haitis Parlamentarier ziehen Zustimmung zum Kompromißvorschlag der OAS über einen auch von Aristide akzeptierten Premier zurück/ Militärführung gegen Nominierung von KP-Chef Theodore
Caracas/Washington (ips/ap) — Als „unberechenbar“ und „unbeständig“ beschreibt die Interamerikanische Menschenrechtskommission (IACHR) die Situation der Menschenrechte in Haiti. Auf der Karibikinsel herrscht ein „erschreckendes Gefühl von Unsicherheit und Angst“ unter den Anhängern und Regierungsmitgliedern des im vergangenen September gestürzten Ministerpräsidenten Jean Bertrand Aristide, heißt es in dem Bericht der IACHR, der am Mittwoch auf der Sondersitzung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in Washington vorgelegt wurde.
Besonders besorgniserregend sei die Wiedereinführung der militärischen „Abteilungschefs“ in den ländlichen Gebieten, die eine Schlüsselfunktion im repressiven Machtapparat der 1986 gestürzten Diktatur der Duvalier-Familie gespielt hatten. Nach Auffassung unabhängiger Menschenrechtsgruppen hat die neuerliche Einführung der Abteilungschefs, die von Aristide bei seinem Amtsantritt abgeschafft worden waren, dazu beigetragen, die gefürchtete Herrschaft der Duvalier-Schergen, der „Tonton Macoutes“ in ganz Haiti wiederherzustellen.
Unterdessen verhandelten in Caracas der Vermittler der OAS, der frühere kolumbianische Außenminister Augusto Ramirez Ocampo mit einer Delegation des haitianischen Parlaments. An dem Treffen nahm auch der Bürgermeister von Port-au- Prince, Evans Paul, ein Anhänger Aristides, teil. Dabei schien es zeitweilig, als ob sich die Verhandlungspartner auf eine Nominierung des haitianischen KP-Chefs Rene Theodore als künftigen Ministerpräsidenten einigen könnten. Damit hatte sich der in Venezuela im Exil lebende Aristide nach Angaben der OAS gestern einverstanden erklärt. Ocampo sagte, diese Einigung werde „den Weg freimachen für die Rückkehr Aristides nach Haiti, in friedlicher Weise, ohne Rache, ohne Haß, ohne Blut.“ Auch das US-Außenministerium hatte die Nominierung Theodores begrüßt und die Hoffnung geäußert, daß das haitianische Parlament ihn rasch bestätigen werde.
Kurz nach Bekanntgabe des Kompromisses zog die Parlamentarierdelegation ihre Zustimmung jedoch zurück, berichtet 'ap‘. Beobachter schließen daraus, daß dies auf die Weigerung der Militärführung in Haiti zurückzuführen sei, den Kompromiß zu akzeptieren.
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