piwik no script img

EG streitet über Anerkennung

■ Bonn besteht auf dem Stichtag 15.Januar — Paris und London wollen Bericht der Schiedskommission abwarten/ Bonn verlangt mehr Unterstützung bei Hilfe für die GUS

Brüssel (dpa/taz) — Hinter den verschlossenen Türen des Verhandlungssaals der EG-Außenminister in Brüssel prallten gestern heftige Gegensätze aufeinander. Rechtzeitig zu dem Sondertreffen hatten London und Paris angekündigt, daß für sie die Anerkennung Sloweniens, Kroatiens und anderer neuer Staaten auf dem Gebiet Jugoslawiens zum 15.Januar noch keinesfalls entschieden sei. Die Bonner Regierung hingegen ließ keinen Zweifel daran, daß sie die Anerkennung notfalls auch ohne die Begleitung der gesamten EG vollziehen werde. Vorsorglich versuchte der derzeitige EG-Ratspräsident, Portugals Außenminister Joao de Deus Pinheiro, schon einmal einen Eklat in der Gemeinschaft abzubiegen: Man möge, riet er vor Sitzungsbeginn, die Frage der Anerkennung nicht überbewerten. Das wichtigste sei schließlich, daß der Friedensprozeß vorangetrieben werde.

Nach Ansicht der Deutschen ist die Frage der Anerkennung bereits im Dezember von den Zwölf entschieden worden. Genau wie Bonn will auch Italiens Regierung am 15.Januar diplomatische Beziehungen mit Kroatien und Slowenien aufnehmen. Die anderen Mitgliedstaaten stehen vor der Entscheidung, den EG-Beschluß Mitte dieses Monats ebenfalls umzusetzen. Vor allem Frankreich und Großbritannien wollen dazu erst den Anfang kommender Woche erwarteten Bericht der Schiedskommission der Jugoslawien-Konferenz abwarten. Die mit Verfassungsrichtern besetzte Kommission prüft derzeit, ob die Republiken die von der Gemeinschaft geforderten Bedingungen zur Anerkennung akzeptieren. Dazu gehören der Schutz von Minderheiten und die Unantastbarkeit bestehender Grenzen.

Unterschiedliche Vorstellungen haben die EG-Länder auch bei den Hilfsmaßnahmen für die ehemalige Sowjetunion. Die deutsche Delegation drängte gestern darauf, daß ihre Partner sich stärker engagieren. An die spätere Aufnahme der GUS-Staaten in die EG sei allerdings nicht gedacht, war in Brüssel zu hören. dora

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen