: Ein Wasserkopf hat Folgen Grüne Kritik an Helga Trüpel
■ Betr. taz-Artikel v.1.10. „Trüpel schafft neuen Wasserkopf“
Als Mitglied der Grünen, das noch nicht lange in Bremen wohnt, und als Fachmensch für Jugendarbeit kann ich nur staunen, wie hier von „meiner“ Partei Jugendpolitik gemacht wird.
Bisher gab es das sogenannte Bremer Modell der Einheit von Sozialen Diensten und Jugendhilfe, wozu auch Jugendarbeit gehört. Dies Modell ist Bundesweit in der Fachdiskussion als Reformmodell anerkannt, auch wenn es wegen der enormen Schwierigkeiten solcher Reformen nur wenig nachgeahmt wird. Seine Kernidee ist die Verhinderung der Ausgrenzung von Benachteiligten. In Bremen wurde 15 Jahre an der Reform gearbeitet; sie ist erst letztes Jahr abgeschlossen worden.
Das Modell wird jetzt ohne jede Fachdiskussion wieder abgeschafft, indem eine eigene Jugendbehörde und eine entsprechende örtliche Trägerstruktur neben den Sozialen Diensten hochgezogen wird. Die Neuplaner scheinen nicht einmal zu merken, daß sie das tun, da ihnen die ganze Fachdiskussion zur Einheit der Jugendhilfe offenbar unbekannt ist. Wie könnte sonst Frau Trüpel mit Überzeugung behaupten, die Rede vom neuen „Wasserkopf“ sei eine Unverschämtheit?
Das Ganze wäre bei genügend Finanzspielraum vielleicht nicht so schlimm. Warum nicht das noch Ältere wieder neu versuchen? Nur: Wo kommt das Geld dafür her? Wer, wie Pressesprecher Hoplitschek in der Zeitung behauptet, die gesetzlichen Funktionen von örtlichem und überörtlichem Träger und oberster Landesbehörde könnten einfach herausgenommen und auf die neue Behörde übertragen werden, ohne daß dabei gewaltige Folgekosten entstehen, der scheint über die Konsequenzen noch nicht nachgedacht zu haben.
Ein Wasserkopf hat Folgen — nicht nur für den Kopf. Es ist nicht zu erwarten, daß der Jugend- und Sozialbereich die zusätzlichen Millionen bekommt, die eine neue Behördenstruktur kostet. Im Gegenteil: Die anstehenden Sparbeschlüsse werden ans Eingemachte gehen. Folglich ist zwingend, ganz egal, was jetzt gesagt wird, daß die zusätzlichen Mittel zusätzlich aus den Rippen geschnitten werden müssen. Diejenigen, die die Rechnung dafür bezahlen werden, haben bei den Bremer Grünen offensichtlich keine Lobby.
Burkhard Müller
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