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Aristide fordert Engagement für Haiti

■ Appell an die USA/ Theodore will Kabinett der nationalen Einheit bilden/ Wird Embargo aufgehoben?

Caracas/Port-au-Prince (afp) — Haitis von der Armee gestürzter Präsident Jean-Bertrand Aristide hat US-Präsident George Bush aufgefordert, für die strikte Einhaltung der von der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) beschlossenen Maßnahmen gegen die haitianische Militärjunta zu sorgen.

In einer Rede in Caracas, seinem Exilort nach dem Militärputsch vom 30. September 1991, sagte Aristide am Dienstag, Voraussetzung für die Rückkehr Haitis zur Demokratie sei, daß der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Raoul Cedras, und andere führende Militärs das Land verlassen oder verhaftet werden. Der als Kandidat für das Amt des neuen Regierungschefs vorgesehene gemäßigte Kommunist Rene Theodore kündigte an, er habe für den Fall seiner Wahl Garantien für die Aufhebung des OAS-Embargos gegen Haiti erhalten.

Aristide äußerte sich zuversichtlich, daß noch vor dem 7. Februar, dem Tag seines Amtsantritts vor einem Jahr, in Haiti eine neue demokratische Regierung zustande kommen wird. Danach werde er in sein Amt zurückkehren. Die OAS und die Vereinten Nationen hätten sich bisher in Worten für die Demokratie in Haiti eingesetzt. Dem müßten nun Taten folgen. Laut Aristide ist seine Rückkehr in das Präsidentenamt auch deshalb im Sinne der Vereinigten Staaten, weil die Lage der vor der Militärjunta geflohenen Haitianer auf dem US-Stützpunkt in Kuba zunehmend untragbar werde.

Er habe seine Fähigkeit zum Kompromiß gezeigt, so Aristide, als er unlängst der Kandidatur von Theodore für den Posten des neuen Ministerpräsidenten zugestimmt habe. Theodore, ein Gegner Aristides, war von den Präsidenten des haitianischen Senats und der Abgeordnetenkammer vorgeschlagen worden. Das Parlament in Port-au- Prince wird demnächst eine Entscheidung über die Nachfolge des derzeitigen Regierungschefs Jean- Jacques Honorat treffen.

Der Vermittler der OAS für Haiti, Augusto Ramirez Ocampo, hatte vergangene Woche angekündigt, Theodore werde noch im Januar zum Regierungschef ernannt. Dies war von der Militärjunta als „vorschnelle Äußerung“ kritisiert worden, die nur Verwirrung stifte, statt zur Lösung der Krise beizutragen.

Honorat hatte am Montag scharfe Kritik an dem von der OAS nach der Entmachtung Aristides gegen Haiti verhängten Wirtschaftsembargo geübt. Theodore sagte am Dienstag vor der Presse in Port-au-Prince, er habe für den Fall, daß ihn das Parlament zum Ministerpräsidenten wähle, „wesentliche Garantien“ erhalten, was die Aufhebung des OAS-Embargos und internationale Hilfe für Haiti angehe. Notwendig sei jetzt die Bildung einer „Koalitionsregierung der nationalen Rettung“, um gemeinsam mit dem haitianischen Volk zur Demokratie voranzuschreiten. Die Rückkehr Aristides nach Haiti sei Teil eines Prozesses, für den sich kein Zeitplan aufstellen lasse.

Die Ernennung von General Cedras zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte sei eine Entscheidung von Senat und Abgeordnetenkammer. Sie sei als solche international anerkannt, und es käme weder dem Staatsoberhaupt noch dem Ministerpräsidenten zu, diese Entscheidung zu revidieren. Den Soldaten gehe es ebenso schlecht wie der Bevölkerung. Deshalb sei eine Armeereform dringend erforderlich.

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