piwik no script img

Much Matsch im Hüttendorf

■ Umweltschützer harren auf Daimler-Teststreckengelände aus

Vier Unentwegte halten im Hüttendorf auf der geplanten Mercedes-Teststrecke bei Papenburg noch die Stellung. Ab und zu kommt an den Wochenenden Verstärkung vorbei. Das Polizeiinteresse beschränkt sich auf flüchtige Blicke bei gelegentlichen Streifenfahrten. Die meiste Zeit sind die Besetzer in der Weite des Moores allein.

Peter und Lutz: „Die Zeltlager-Romantik ist vorbei. Kälte, Wind und Regen machen es nicht gerade angenehm, hier zu leben. Das Schlimmste ist der Matsch. Der Moorboden ist total aufgeweicht.“ Die beiden Hannoveraner sind seit August dabei. Sie schlafen in einer aus Moorsoden gebauten Hütte. Ein kleiner Kanonenofen sorgt für Wärme. Gekocht wird in einer anderen Behausung. Die Möglichkeit zum Duschen und Wäschewaschen besteht bei Sympathisanten. Das Geld zum Leben stammt aus Gelegenheitsarbeiten oder Spenden.

Am 4. Juli 1991 errichteten Umweltschützer ein Hüttendorf auf dem Gelände der geplanten Mercedes-Teststrecke in der Nähe des emsländischen Papenburg. Sie forderten, daß das vom Daimler-Konzern auserkorene Torfabbaugebiet nicht dem Autowahn geopfert, sondern renaturalisiert werden soll.

Die Chancen hierfür stehen allerdings schlecht. Die rot-grüne Landesregierung hält an ihrem „Ja“ vom Mai 1991 fest. Massive Proteste von Bevölkerung und örtlichen Gruppen gab und gibt es kaum. Nach dem großen Medieninteresse in den ersten Wochen ist es um das Hüttendorf ruhig geworden. Zwei Solidaritätsveranstaltungen in Papenburg und Oldenburg im Dezember blieben Ausnahmen. Dem Versprechen, daß im strukturschachen Emsland 300 Arbeitsplätze geschaffen werden, mögen die Besetzer nicht glauben.

Fest steht, daß der Zeitplan nicht mehr einzuhalten ist. 1992 sollte es losgehen. Eva-Maria Rexing, stellvertretende Sprecherin im Umweltministerium, bestätigte, daß ein beanstandet worden ist. Die Umweltbehörde forderte Nachbesserungen beim Tier- und Pflanzenschutz. Nach Aussagen von Rexing ist das Projekt aber nicht grundsätzlich gefährdet.

Die Atempause will das „Aktionsbüro gegen Daimler“ in Norden nutzen, um den erschlafften Widerstand mit neuem Leben zu füllen. Im Mai soll zumindest für Peter und Lutz Schluß sein: „So langsam kriegen wir hier 'ne Moormacke.“

cz

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen