: DER IRISCHE KAMPF GEGEN FISCHRÄUBER Von Ralf Sotscheck
Ein original irisches Frühstück besteht aus geräuchertem Lachs und einem Gläschen Champagner, wenn man den „Irish Pubs“ auf dem europäischen Festland glauben darf. Selbst in der „Shamrock Bar“ auf dem Moskauer Arbat wird diese erlesene Mahlzeit als typisch irische Lebensart verkauft. Alles Quatsch. In Wirklichkeit verabscheuen die Bewohner der Grünen Insel jede Art von Fisch auf ihrem Teller — es sei denn, er wird paniert in handlicher Stäbchenform gereicht. Und Champagner ist aufgrund der Alkoholsteuern ohnehin out. Selbst für eine Flasche Rentnertod muß man mindestens zehn Mark hinblättern.
Dennoch lebt ein relativ großer Teil der Bevölkerung vom ungeliebten Meeresgetier. So ist der Lachsfang ein einträgliches Geschäft — vor allem wenn man sich nicht an die Schonzeiten hält. Ein wildernder Fischer kann es auf bis zu 250.000 Pfund (ca. 675.000 Mark) pro Jahr bringen, falls er nicht geschnappt wird. Ein Tummelplatz für ehrliche und diebische Angler gleichermaßen ist der Atlantik bei Donegal. Hier wird die Hälfte aller irischen Lachse gefangen — 80 Prozent davon freilich illegal.
Die Fischereibehörde ist im Kampf gegen die Fischräuber völlig machtlos. Und erwischt sie mal einen Täter auf frischer Tat, so hat sie mitunter dennoch das Nachsehen, wie ein Gerichtsprozeß kürzlich bewies. Der Fall liegt schon vier Jahre zurück. Damals ertappten drei Beamte den Fischer Patrick Friel auf hoher See mit 147 illegal gefangenen Lachsen. Als sie die tote Beute im Wert von 5.000 Pfund (ca. 13.500 Mark) beschlagnahmen wollten, drehte Friel durch. Er ging mit einem Messer auf die Beamten los und versuchte, sie über Bord zu werfen. Die entsetzten Ordnungshüter sprangen flugs freiwillig in den Ozean und kamen mit ein paar Schnittwunden und einem gebrochenen Finger davon — und verklagten die Fischereibehörde, die sie „als Kanonenfutter ohne Unterstützung in die Gefahr geschickt“ habe. Der Richter gab ihnen recht und verurteilte die Behörde zur Zahlung von Schadensersatz.
Dieses unerfreuliche Erlebnis brachte die Fischereibehörde 1988 auf die Idee, daß ein Hubschrauber zur Unterstützung der Beamten genau das richtige wäre. Mit Hilfe der EG, die die Hälfte der Kosten übernahm, wurden zwei schicke Dauphin-Helikopter für 7,4 Millionen Pfund (20 Mio. Mark) angeschafft, die fortan auf die Jagd nach Fischwilderern gehen sollten. Fatalerweise wollte ein Parlamentsausschuß nun die Bilanz sehen. Dabei stellte sich heraus, daß beide Hubschrauber in den letzten vier Jahren insgesamt gerade mal zehn Stunden im Einsatz gegen die kriminellen Angler waren. Als die verblüfften Parlamentarier um Aufklärung baten, wurde ihnen erklärt, daß das Verteidigungsministerium die Hubschrauber ständig „schanghaien“ würde, um sie „im Sicherheitsbereich“ einzusetzen. Darüber hinaus müsse man ja erst mal Leute ausbilden, die mit den teuren Gräten umgehen können.
Das soll jetzt aber alles anders werden. Das Militär hat inzwischen einen eigenen Hubschrauber. Außerdem wurde ein Flugzeug mit großer Reichweite angeschafft, das die Hubschrauber im Kampf gegen die Fischmarder unterstützen soll. Dem messerstechenden Lachsräuber Patrick Friel kann das jedoch egal sein. Nach dem Vorbild Donald Ducks, der vor seinen Gläubigern regelmäßig in die Arktis flieht, hat er sich nach Alaska abgesetzt, wo er laut Gericht vom Angeln lebt.
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