"Ein 'Spuk', wie die Deutsche Presse-Agentur..."

Ein „Spuk“, wie die Deutsche Presse-Agentur weismachen wollte, war es nun wirklich nicht. Schließlich hatte das, was die österreichische Polizei letzte Woche bei Hausdurchsuchungen in Neonazi- Kreisen fand, sehr realen Charakter: zwei Dutzend Pistolen, Karabiner, Maschinenpistolen, ein Laser- Zielgerät sogar, massenhaft Munition und zwei selbstgebastelte Bomben — daneben Mengen von rechtsextremistischem Propagandamaterial.

Nach den Ermittlungen der Polizei hatten die rund zwei Dutzend Neonazis, der jüngste 16 Jahre alt, nicht weniger vor als die „gewaltsame Übernahme der ausländerfreundlichen Regierung“. Um die vorzubereiten, wurden Jugendliche rekrutiert, Übungen abgehalten, in einem „Freiherr-von-der- Trenck-Heim“ in Wien sogar ein Schießstand gebaut. Angeblich wurden Attentatspläne geschmiedet, u.a. gegen Bundeskanzler Franz Vranitzky und ausgerechnet Bundespräsident Kurt Waldheim.

In Österreich üben sich nun Politiker und Presse einmütig in Bestürzungs- und Betroffenheitsrhetorik, mahnen neue Gesetz und hartes Durchgreifen an, was schwierig ist. Denn nach dem bestehenden Gesetz drohen bei neonazistischen Aktivitäten so drakonische Strafen (bis hin zu lebenslänglich), daß die Gerichte bislang in solchen Fällen lieber freigesprochen als verurteilt haben. Soviel einhelliges Entsetzen über einen vermeintlich drohenden Staatsstreich hat wiederum den österreichischen Publizisten Günter Nenning stutzig gemacht. Der vermutet hinter dem Gebaren der Polizei und der Hofräte etwas ganz anderes als hehren Antifaschismus — nämlich einen Freibrief für die Polizei.