: Waigel will für GUS nicht bürgen
■ Hermes-Versicherung gibt's nur noch für Investitionsgüter/ Ost-Industrie fürchtet Absatzprobleme
Bonn (dpa/taz) — Die Bundesregierung hat gestern nach Vorgaben von Finanzminister Theo Waigel (CSU) entschieden, die Hermes-Bürgschaften für deutsche Exporte in die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) 1992 auf fünf Milliarden Mark zu begrenzen. Das Kabinett beschloß außerdem, alle Anträge strenger als im vergangenen Jahr zu prüfen. Bundesbürgschaften soll es nur noch für die Lieferung von Investitionsgütern geben, mit denen die Exportfähigkeit der GUS gesteigert wird, oder wenn davon die Existenz sanierungsfähiger ostdeutscher Unternehmen abhängt. Erst vor einem Jahr waren die Hermesprüfungen vereinfacht worden, um den ostdeutschen Betrieben auch weiterhin Exporte in ihren angestammten Markt Sowjetunion zu ermöglichen. 700.000 Arbeitsplätze, vor allem in der Schwerindustrie, hängen in den neuen Bundesländern vom Export in die Ex-UdSSR ab.
Den tatsächlichen Bedarf für 1992 bezifferte Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) in der Regierungsbefragung vor dem Bundestag denn auch mit 20 Milliarden DM, Anträge liegen bereits für Lieferungen über 70 Mrd. Mark im Wirtschaftsministerium. Die SPD kritisierte den jetzt beschlossenen Bürgschaftsrahmen als viel zu gering, um den Industriestandort Ostdeutschland zu sichern.
Bis heute hat der Bund Bürgschaften in Höhe von insgesamt 41 Milliarden DM für die Nachfolgestaaten der UdSSR übernommen. Keine neuen Bürgschaften soll es nach dem Kabinettsbeschluß für Exporte in GUS-Republiken geben, die die Pariser Schuldenverträge vom 4. Januar nicht unterschrieben haben, darunter die Ukraine.
Mit der Auflösung der UdSSR sind viele ostdeutsche Betriebe vom Regen endgültig in die Traufe gekommen. Schon die Währungsunion war für ostdeutsche Maschinenbauer oder Werften mit traditionell hohem Exportanteil in die UdSSR ein harter Brocken, mußten sie sich doch von einem auf den anderen Tag in harten Devisen bezahlen lassen. Die Hermes-Beschränkung bringt jetzt neue Probleme. Angesichts der Devisenknappheit der GUS-Staaten und der nur begrenzten Möglichkeiten von Tauschgeschäften müssen die meisten Geschäfte über Kredite finanziert werden. Hierfür sind Hermes- Bürgschaften des Bundes nötig. Und da die Außenwirtschaftsbank der Ex- UdSSR, die einst die Bürgschaften bestätigte, von den Republiken nicht mehr als ihre Bank angesehen wird, fehlt jetzt in der GUS die Partnerin. Und nur sehr wenige Ostbetriebe fanden im vergangenen Jahr Partner in der UdSSR, die dank eigener Devisenkonten Direktlieferverträge abschließen konnten. dri
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