: Nur an der Sitzfläche angenäßt
■ Noch zweimal bringt Rowan Atkinson als „Mr. Bean“ die Zuschauer zum Ernstsein
Tönte nicht aus dem Off das penetrante Konservengelächter, mit dem jede britische Komiksendung ihren Humor beweisen will, würde es sich um eines der leisesten Programme überhaupt handeln. Ohne Aufwand, sparsam vor Jedermannskulissen, im Schwimmbad oder Parkhaus und vor allem ohne viele Worte setzt der britische Komiker Rowan Atkinson seine kleinen Geschichten in Szene. Lautstark wird er allenfalls, wenn er einmal mit seinem kleinen Auto bei Rot über eine Ampel röhrt.
Bereits dreimal jeweils 25 Minuten lang agierte Atkinson hierzulande als „Mr. Bean“ über den Äther — zwei Folgen lang noch zeigt die ARD dienstags nach den Abenteuern des Dauergewinners Peter Strohm diesen Prototyp des echten Verlierers, der trotzdem überlebt. Einen, dem die Mimik entgleist, der sowohl im Straßenanzug wie in der Badehose hoffnungslos versinkt, dessen kurzgehaltener Pony die rollenden Augen nicht intelligenter dreinschauen läßt. Dennoch becirct Mr. Bean mit Charme. Denn in seltenen vorteilhaften Momenten nähern sich seine Gesichtszüge an die des jungen Paul McCartney an: „Mother!“ scheinen sie dann zu rufen.
Weniger die Geschichten selbst rechtfertigen das Lachen aus dem Off. Schließlich ist von vornherein klar, auf welche Pointe sie hinauslaufen — gesetzt der Fall, sie haben eine. Atkinson scheitert in seinen Siebenminuten-Episoden aus Prinzip. Traut sich nicht vom Fünfmeterbrett ins Wasser zu springen und verliert, nachdem er zwei Folgen zuvor schon einmal Probleme mit ebendemselben Kleidungsstück hatte, beim eher zufälligen Absturz die Badehose. Im Kino haut Mr. Bean auf die Pauke: Niemals könnte ihn Freddy Krüger erschrecken. Es ist keine Frage, wer zuguterletzt zitternd unterm Popkorneimer sitzt. Großartig schließlich wird die Mittagspause im Park inszeniert, in der statt fertiger Sandwiches aus den Manteltaschen ein kompletter Haushalt hervorgezaubert wird. Atkinson schneidet mit der Schere am Weißbrot herum. Dreht auf und schleudert das Salatblatt in der Socke, um schließlich zappelnde Fischlein aus dem mitgebrachten Glas zu grabbeln und mit dem Schuh zu erschlagen.
Solch Umstandsstratege braucht immer den Gewinner als Gegenüber. Die Parkbank teilt Bean mit einem distinguierten Angestellten, der dem Trottel nach reichlich Qual und Ekel einen perfekt geschnittenen Dreiecks-Toast reicht. Und der Bademeister, vor dem sich Mr. Bean hosenlos verkriechen muß, ist wunderschön und spricht ein noch schöneres Britisch mit deutschen Untertiteln, daß es einem nach den wenigen Knödeltönen aus Beans Kehle angenehm den Rücken runterläuft. Die Saubermänner und banalen Stories aber treten höflich in den Hintergrund, damit Atkinson seine Gesichtsakrobatik austoben und seine Gliedmaßen umso heftiger herumschleudern kann. Jede Geste ist mehr als übertrieben, und irgendwann hat „Mr. Bean“ dann über Ärmchen und Beinchen völlig die Kontrolle verloren. Dafür wurde die gleichnamige Sendung in Montreux mit drei Preisen gekrönt.
Bei all dem Gehampel bleibt sogar Gelegenheit, den Blick auf die Details zu richten, wie auf die Badehose, die nur an der Sitzfläche angenäßt ist und zudem im Farbton gut zu den Elefanten an der Wasserrutsche paßt. Diese Kleinigkeiten kommen erst versteckt, dann gehäuft. Deshalb kann e“s schon vorkommen, daß vorm Fernseher gespannter Ernst herrscht, weil gar keine Zeit zum Lachen bleibt. Claudia Wahjudi
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