: Kein Slalom mehr in der Hohenstaufenstraße
■ Verkehrssenator Haase will das der Fahrbahn trotzende Haus abreißen/ Pläne von 1964 sollen realisiert werden/ Bausenator Nagel dagegen
Berlin. Um ein verkehrspolitisches Unikum Berlins droht Streit im Senat. Das Haus Hohenstaufenstraße 22 in Schöneberg, um das die Fahrbahn seit Jahren buchstäblich einen Bogen macht, soll nach dem Willen von Verkehrssenator Herwig Haase abgerissen werden. Bausenator Wolfgang Nagel ist dagegen. Die Abrißentscheidung wurde im Hause Haase gefällt, ohne daß der Bausenator oder der Bezirk daran beteiligt waren. Haase will Platz schaffen für den begradigten vierspurigen Ausbau der Hohenstaufenstraße. Damit stößt er allerdings die bisherige Planung von Senat und Bezirk um, die einen Rückbau der Straße auf die ursprünglich zweispurige Breite und Wohnbebauung auf der dadurch gewonnenen Fläche vorsah.
Haase hat nun den Bezirk Schöneberg angewiesen, die entsprechenden Bauplanungsunterlagen vorzulegen. Er begründete sein Ansinnen unter anderem mit den »weiterbestehenden baulichen Mängeln« und dem daraus resultierenden hohen Sanierungsaufwand für das Haus. Deshalb müsse »Entmietung und Abriß vorgenommen werden«. Haase will die alte, aus dem Jahre 1964 datierende Verkehrsplanung in diesem Bereich wiederbeleben. Damals war die Verbreiterung der Straße auf 46 Meter beschlossen worden, um die Anbindung der Verkehrsströme an die geplante Westtangente zu gewährleisten. Alle Häuser wurden abgerissen, bis auf die Hohenstaufenstraße 22, deren Bewohner sich gegen das Vorhaben wehrten. Der Senat gab schließlich nach. 1989 wurde der Rückbau der Straße auf ihre ursprüngliche Breite von 26 Meter beschlossen. Zugleich wurde ein städtebaulicher Wettbewerb zur Wiedererrichtung der alten Häuserfront ausgeschrieben. Dies geschah, so wurde noch im November 1991 dem Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses mitgeteilt, »aufgrund des einvernehmlichen Wunsches der beteiligten Senatsverwaltungen und des Bezirksamtes«. Der Bezirk will Haases Plänen Widerstand leisten. Der für die Erstellung der Bauplanungsunterlagen zuständige Baustadtrat Uwe Saager (SPD) will jedoch erstmal sehen, ob Haases Pläne auch »Auffassung des Senats« seien. Immerhin erklärte Bausenator Nagel gegenüber der taz, daß er den Abrißantrag ablehnen werde. Es bleibe beim Rückbau der Straße. Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Käthe Zillbach, kündigte ebenfalls den »erbitterten Widerstand« ihrer Partei an. Besonders verärgert ist sie darüber, daß Haase die Koalitionspartnerin nicht von seinem Vorhaben in Kenntnis gesetzt habe. Die baupolitische Sprecherin der Grünen/Bündnis 90, Elisabeth Ziemer, befürchtet, daß Haases Vorhaben langfristig mit der Realisierung der Westtangente und dem Abriß der Altbauten in der Pallasstraße einhergehe. Die Schöneberger CDU steht hingegen hinter den Plänen des Verkehrssenators. Allerdings dürften ihrem Spitzenpolitiker, dem stellvertretenden Bürgermeister Rüdiger Jakesch, dabei zwei Seelen in der Brust schlagen. Immerhin hat er erst vor gut einem Jahr für 270.000 Mark eine Wärmestube in dem Haus Hohenstaufenstraße 22 einrichten lassen. Dieter Rulff
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