: Eine echte Amtsanmaßung
■ „Keiner für alle“: Dirk Bielefeld als Bulle Holm
Als der Schaupieler und Kabarettist Dirk Bielefeld noch Straßentheater machte, konnte es schon einmal vorkommen, daß er vom Fleck weg verhaftet wurde. Denn als Wachtmeister Holm hatte er damals wie heute eine Hamburger Polizeiuniform an. Die war ihm damals zwar offiziell von der Trampolin-Gruppe der hanseatischen Cops überlassen worden, aber für die diensttuenden Kollegen war das schlicht Amtsanmaßung.
So gab er sie wieder zurück (die Trampolin-Turner bekamen übrigens große Schwierigkeiten wegen „Anstiftung zu einer Straftat“) - und besorgte sich eine neue. Mit der war er nun zwei Tage im ausverkauften Modernes zu Besuch und verkündete grantlerisch gleich zu Beginn: „Ein Polizist ist immer im Dienst, dienstlich und außerdienstlich ist für uns eine Gratwanderung.“
Eine kleine Revierwache hatte er sich auf der Bühne aufgebaut, mit einem richtigen Polizei-Kalender an der Wand, einem Tresen und dem unvermeidlichen Telefon. Und wie sich das gehört, klingelte dies sofort zu Dienstanfang. Genau 98 mal schellte die Klingel, aber Herr Holm machte keine Anstalten abzunehmen. Lieber philosophierte er über die Dringlichkeit des Anrufes („wenn die Bude beim 75. Klingeln brennt, tut sie es beim 99. auch noch“), oder er beleidigte kurzerhand „den Mann im rosa Hemd, ja genau, Sie da“.
Bielefelds Herr Holm ist ein Charakter zwischen freundlich- jovialem Kumpeltyp und dem knallharten Law-and-Order- Cop. Kaum hat er das Publikum mit dem Freizeitvergnügen des uniformierten Jedermanns (Fliegenquetschen) vertraut gemacht, da poltert schon wieder der Beamte in ihm los und preist „das Schöne an der Plastikfolie“, die freien Blick auf das Beweismittel Hundekot gewährt.
Herr Holm ist fies, und er weiß das. Wenn er zur Anschauung kleine Höllenmaschinen in Knäckebrotpackungen detonieren läßt, dann amüsiert er sich köstlich über erschrockene ZuschauerInnen. So zeigt der Spießer Holm den Leuten, wie geil so ein bißchen Macht sein kann. Jürgen Francke
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