: Achtung: Gülle kommt wieder
■ Nächste Woche dürfen Bauern und Massentierhalter giften
Am 1. Februar ist es wieder soweit: Aus randvollen Speichern und Massentierställen ergießt sich eine wahre Gülleflut auf Äcker, Felder und Wiesen in Südoldenburg. Nur gefrorener Boden kann das „Duschbad“ in den Landkreisen Cloppenburg und Vechta mit dem übelriechenden flüssigen Tierkot aufschieben, es aber letztlich nicht stoppen. Tierische Exkremente dürfen zwischen dem 1. Februar und dem 15. Oktober ausgebracht werden.
Diese „Sintflut“, klagt der Naturschutzbund Deutschland (NSBD), sei für Pflanzen, Böden, Luft und Wasser der „reinste Horror“. Tatsächlich strömt aus 7.237 Betrieben von mehr als einem Hektar Größe und Agrarfabriken der Kot von mindestens 15,2 Millionen Hühnern, 1,8 Millionen Gänsen, Truthühnern und Enten, 1,5 Millionen Schweinen, 320.000 Rindern und über 4.000 Pferden in einer Größenordnung von jährlich 5,5 Millionen Kubikmetern.
Als Aufnahmeflächen stehen aber lediglich 163.930 Hektar Boden zur Verfügung. Jeder Quadratmeter wird deshalb jährlich trotz „Gülle-Exports“ und Trockenkotherstellung mit 3,3 Litern Jauche getränkt. Nach Berechnung von Experten ergibt dies eine durchschnittliche Belastung von 2,02 Dungvieheinheiten (DE) im Landkreis Cloppenburg und 3,43 DE im Landkreis Vechta (eine DE ist die Jahresmenge an Gülle/Kot, die nicht mehr als 80 Kilogramm Gesamtstickstoff enthält). Zugelassen sind in Niedersachsen derzeit 3,0 DE. Abstufungen auf 2,5 DE (1. Januar 1993) und eine weitere Reduzierung auf das umweltverträgliche Maß von 1,5 DE sind vorgesehen.
Doch eine Verringerung der Güllemenge ist nicht in Sicht. Nach Angaben der Bezirksregierung Weser-Ems boomt die Zahl der Anträge auf Zulassung neuer Massentierställe. Die Folgen sind nach Messungen von Wasserwirtschaftlern des Oldenburgisch- Ostfriesischen Wasserverbandes (OOWV) eine schleichende und über längere Zeit irreparable Verseuchung des Grundwassers mit krebserregendem Nitrat.
In den Förderbrunnen des Wasserwerkes Holdorf (Kreis Vechta) wurden nach Untersuchungen der Bezirksregierung Weser-Ems Nitratwerte von bis zu 100 Milligramm Nitrat je Liter Wasser festgestellt. „Haarsträubende Werte“ entdeckten Mitglieder des NSBD bei Wasserproben im Rüschendorfer Moor bei Vechta: 150 mg Nitrat im Oberflächenwasser zeigten die Meßinstrumente an. Anderenorts fanden sie sogar 760 mg. Der höchstzulässige Grenzwert nach EG- Norm liegt derzeit bei 50 mg Nitrat in einem Liter Wasser.
Doch trotz dieser von der „Biologischen Schutzgemeinschaft Hunte-Weser-Ems“ (BSB) beklagten Vergiftung des Grundnahrungsmittels Wasser werden die Möglichkeiten zur Schadensbegrenzung nicht genutzt. dpa
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