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13 Jahre für „Pakt mit dem Wolf“?

Im Düsseldorfer Spionageprozeß gegen den Doppelagenten Klaus Kuron plädierte die Bundesanwaltschaft auf 13 Jahre Freiheitsstrafe/ „Beispiellose Verräterkarriere“ des Angeklagten  ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Im Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gingen in der Zeit von 1982 bis 1990 „langsam, aber stetig die Lichter aus“. Derjenige, der der Kölner Geheimdienstzentrale nach Auffassung der Anklage das Licht ausknipste, verfolgte gestern von der Anklagebank aus sichtlich angespannt, wie sein Gegenüber, der Karlsruher Bundesanwalt Ekkehard Schulz, den Strafantrag begründete. Am Ende des gut einstündigen Plädoyers forderte Schmidt vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht 13 Jahre Freiheitsstrafe für Klaus Kuron, der seit 1962 als hochgelobter Abwehrexperte im Kölner Amt arbeitete. Für Schmidt gehört der geständige Kuron, der acht Jahre für einen Agentenlohn von rund 700.000 Mark sein gesamtes Wissen an die Ostberliner Spionagetruppe des Generalobersten Markus Wolf verriet, zu den „gravierendsten Verratsfällen“ der alten Bundesrepublik. Der 1985 nach Ost-Berlin übergelaufene frühere Kölner Abwehrchef Hansjoachim Tiedge, der derzeit irgendwo in der früheren Sowjetunion überwintert, „könne sich hinter Kuron verstecken“. Dessen „Totalverrat“ stelle alles in den Schatten. Kuron, der von Köln aus auch die umgedrehten DDR-Agenten führte und gleichzeitig verriet, habe aus „Geldgier „die westdeutsche Spionageabwehr einschneidend geschwächt“.

Durch seinen „Pakt mit dem Wolf“ — in Anspielung an Markus Wolf — habe Kuron dem Kölner Abwehrdienst das Schlimmste zugefügt, „was einer Abwehr nur passieren kann“. Der „Maulwurf“ Kuron sei „dem Arzt vergleichbar, der sich mit dem Totengräber verbündet“. Rechtlich wertete Schulz Kurons „beispiellose Verrätertätigkeit“ als Verrat von Staatsgeheimnissen. Zwar habe es sich bei jedem einzelnen Verratsfall nur um die Weitergabe von Dienstgeheimnissen gehandelt — „die Qualität eines Staatsgeheimnisses“ hätten die Einzelfälle nicht —, aber in der Summe habe Kuron eben doch „schweren Landesverrat“ (§94StGB) begangen. Darauf steht im Höchstfall lebenslange Freiheitsstrafe.

Gegen diese „Summentheorie“, die schon der Bundesgerichtshof in einem anderen Fall abgesegnet hat, kämpft Kurons Anwalt Werner Leitner. Aus mehreren Dienstgeheimnissen könne man ebensowenig ein Staatsgeheimnis machen wie aus „vielen Ohrfeigen einen Mord“. Folgte das Gericht dem Verteidiger, der heute plädiert, dann wäre Kuron nur wegen fortgesetzter geheimdienstlicher Agententätigkeit (§99 StGB) — Höchststrafe 10 Jahre — zu verurteilen.

Für Oberstaatsanwalt Schulz besteht daran im Falle von Kuron kein Zweifel. Kuron habe sich dem „gefährlichsten nachrichtendienstlichen Gegner“ der alten Bundesrepublik verschrieben. Ziel der „Hauptverwaltung Aufklärung“ (HVA) im Ministerium für Staatssicherheit „war hauptsächlich die Schwächung unserer äußeren Sicherheit“. Dabei seien die Ostler „leider sehr erfolgreich“ gewesen, sagt Schulz ohne jeden Anflug von Zweifel.

„Sehr erfolgreich“? Immerhin ist die DDR doch untergegangen, die „Schwächung der äußeren Sicherheit“ der alten BRD letztendlich offenbar nicht eingetreten. Doch solche Überlegungen, von Prozeßbeteiligten geäußert, irritierten den Karlsruher Ankläger schon während der Anfangsphase des Prozesses nicht im mindesten. Die Wiedervereinigung sei rechtlich unerheblich und gebe keinen Anlaß, die „Verratstätigkeit milder als sonst einzuschätzen“. Auch der Hinweis auf den unter alten Verhältnissen sicher erfolgten Austausch sei ohne Belang. Diesbezügliche Zusagen von Markus Wolf gegenüber Klaus Kuron wertet Schulz ebenfalls als „rechtlich unerheblich“. Für den Ankläger wirkt der Verratsfall Kuron zum Nachteil der deutschen Geheimdienste sogar fort. Deren Schnüffeltätigkeit werde dadurch erschwert, weil „die sich noch oft eine Abfuhr bei umworbenen Personen mit dem Hinweis auf den Maulwurf Kuron“ einhandeln würden.

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