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Europa

■ betr.: "Ruhe vor dem Sturm", taz vom 27.1.92, "Serbien oder Klein-Jugoslawien", taz vom 28.1.92

betr.: „Ruhe vor dem Sturm“,

taz vom 27.1.92, „Serbien oder Klein-Jugoslawien“,

taz vom 28.1.92

Michael Bullards Artikel über die totale Krise der EG und der von ihr zunehmend dominierten gesamteuropäischen politischen Strukturen einerseits und andererseits Erich Rathfelders Hintergrundbericht über Serbien im auseinanderfallenden Jugoslawien beleuchten exemplarisch einige Hauptmerkmale des Dilemmas, in dem Europa heute steckt: auf der einen Seite die Strategie, ein — von Johan Galtung schon in den siebziger Jahren vorausgesehenes — neoliberales spätkapitalistisches Reich nach dem Muster jakobinischer Machtstaaten à la 19.Jahrhundert zu errichten; auf der anderen Seite das Zerbrechen von Vielvölkerstaaten, in dem sich grausam der Anachronismus eben dieses Machtstaat-Modells manifestiert. Im europäischen Westen scheinen ökonomische und staatlich-bürokratische Eliten an die Stelle bisher praktizierter hochgradiger integrationspolitischer Flexibilität mehr und mehr die Fixiertheit auf die formal föderative, substantiell jedoch unitarisch-zentralistische „Großmacht Europa“ (Galtung) zu setzen. Im europäischen (Süd-)Osten scheint dagegen die Katastrophe des totalen Umbruchs ökonomischer, staatlicher, gesellschaftlicher und geistig-seelischer Strukturen und Verhaltensweisen Anlaß zu völlig neuen Denkansätzen für die Suche nach Wegen aus den gegenwärtigen gigantischen Schwierigkeiten zu geben.

Die Überlegungen des Stellvertretenden Vorsitzenden der Demokratischen Partei, Zoran Djindjic, ein regelrechtes Netz föderativer und konföderativer Strukturen zwischen Serbien, Montenegro, Bosnien, Mazedonien und den verschiedenen ethnischen Gruppen zu entwickeln, erinnern sehr an seit den zwanziger Jahren konzipierten Zielvorstellungen der französischen Denkschule des Integralen Föderalismus. Sie deuten die Möglichkeit eines „anderen, neuen Europas“ an, das der Befriedigung konkreter Bedürfnisse und Interessen einer größtmöglichen Zahl von in vielerlei Gruppen organisierten Menschen dient und sich so grundlegend vom alten EG-Europa unterscheidet. Hoffentlich werden taz-BerichterstatterInnen diese Entwicklung weiter beobachten und darüber informieren. Lutz Roemheld, Fröndenberg

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