: DDR-Rock
■ betr.: "Zwischen den Rillen", taz vom 13.1.92
betr.: „Zwischen den Rillen“ (Blauäugiges Kunstgerocke und sozialistischer Zielgruppenpop) von Harald Fricke und Detlef Kuhlbrodt, taz vom 13.1.92
Was ich an der taz schätze, ist, daß sie immer kritisch ist, kontrovers, aber auch ironisch. Die Berichte sind gut recherchiert, von Druckfehlern die allerdings immer wieder auftreten, einmal abgesehen.
Den Artikel zwischen den Rillen weiß ich allerdings nicht einzuordnen. Ist es Satire, ist es eine Plattenbesprechung, oder soll es die Rock- und Popmusik in der gewesenen DDR aufarbeiten. Seit etwa 10 [Jahren? d.sin] verfolge ich mehr oder weniger aufmerksam, was es an Rockmusik in der DDR gab, geschuldet dem Umstand, daß ich dort gelebt habe und nichts anderes hören konnte, war doch der Empfang von RIAS II in meiner Gegend nicht besonders gut.
Was sie in ihrem Artikel bemerken, entspricht zum Teil den Tatsachen, davon abgesehen, daß die Tagesreise von der Gruppe Lift ist. Bevor man sich aber über diese Musik lustig macht, sollte man sich vor Augen halten, unter welchen Bedingungen diese Musik entstand. Die Gruppe Renft mit den Beach Boys zu vergleichen, zeugt meines Erachtens von wenig gutem Geschmack. Ich weiß nicht, ob Sie die DDR-Rockmusik in ihrer Geschichte kennen. Musik zu machen war in der DDR eine Nische, sich zu artikulieren, sich nicht anzupassen. Schrieb man nicht in Metaphern, konnte das zu der Konsequenz führen, daß man Auftrittsverbot erhielt, im günstigsten Fall. Spielte man Rock'n Roll, bekam man Verbot, sprach man die Wahrheit ungeschminkt aus, konnte Schlimmeres passieren. Ein Beispiel: Die Buttlers erhielten Auftrittsverbot, nachfolgend entstand die Renft-Combo, die 1975 auf Grund ihrer Texte Auftrittsverbot erhielt. Pannach-Kunert, in der taz schon besprochen, waren Mitglieder der Band. Karussell bekam Probleme, als Peter Gläser und Jochen Hohl dort einstiegen. Manche Musiker konnten nur noch in Kirchen auftreten, da sie sonst keine Möglichkeiten mehr hatten, zum Beispiel Hansi Biebl. Auf Grund der äußeren und inneren Zensur suchten viele im „Westen“ Zuflucht oder wurden ausgewiesen. Gute Musiker haben sich auch dort durchgesetzt. Von Staatsmusikern zu sprechen betrachte ich also mal als Unkenntnis oder schlechte Recherche, da ich in diesem Falle nicht von Dummheit sprechen möchte. [...] Andreas Striegler, Pinneberg
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