: Armes Bremen macht Bauern reich
■ Rechnungshofkritik am Kauf der Hemelinger Marsch: „Zu undurchsichtig“
Haben das Wirtschafts- und das Finanzressort Millionen von Steuergeldern aus dem Fenster geworfen, um ein politisch heftig umstrittenes Projekt vorzuentscheiden? Diese von den Grünen im Sommer aufgeworfene Frage läßt sich inzwischen ziemlich eindeutig mit Ja beantworten. In einem Vorbericht des Rechnungshofes zum Grundstückskauf in der Hemelinger Marsch, der von den Grünen angeregt worden war, melden die Wächter über solide Haushaltspolitik erhebliche Zweifel am Vorgehen von Politik und Verwaltung an.
Im Sommer hatte der Senat im Schnellverfahren und gegen die Stimme von Umweltsenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte beschlossen, die Hemelinger Marsch für rund 25 Millionen Mark anzukaufen. Dafür wurde ein Verfahren am Parlament vorbei gewählt. Die landeseigene HIBEG sollte das Geld bei Banken aufnehmen und das Grundstücksgeschäft tätigen. So mußte lediglich der Bürgschaftsausschuß mit dem Fall befaßt werden.
„Einmalige Chance“ und „haushaltsschonend“, so lobten die federführenden Ressorts damals den 25-Millionen-Deal. Der Senat schloß sich gegen die Stimme von Eva-Maria Lemke- Schulte dieser Position an. Und so wurden vor den Wahlen teure Fakten geschaffen. Zu teuer, meinen nun die unabhängigen Rechnungsprüfer in einem Vorbericht, der seit dem 29.11. bei den Senatoren für Wirtschaft und Finanzen schmort.
So vermißt der Rechnungshof Unterlagen, aus denen hervorgeht, warum die HIBEG überhaupt in die Grundstückskäufe eingeschaltet worden ist. Unter dem Stichwort „Schattenhaushalt“ sieht der Rechnungshof einen Verstoß gegen die Vollständigkeit des Haushaltes. Auch gebe es keine Untersuchungen der HIBEG, ob das Gelände nicht günstiger zu erwerben gewesen wäre, wenn das Gebiet als städtebauliches Entwicklungsgebiet ausgewiesen worden wäre. Weiter fehlt dem Rechnungshof eine Ermittlung des Verkehrswertes, die Grundlage für einen günstigeren Ankaufspreis hätte sein können. Einen Aktenvermerk des Katasteramtes, das von einem Preis von sechs bis 12 Mark je Quadratmeter ausgegangen war, hatte die Wirtschaftsbehörde vom Tisch gewischt.
Einen Hinweis über den tatsächlichen Wert des Geländes gibt dagegen eine Grundstückstransaktion, mit der ein schlauer Bauer binnen weniger Wochen gute 200.000 Mark verdient haben wird. Der Mann hatte vom Bund im Juli Gelände in der Hemelinger Marsch für drei Mark je qm gekauft und diese Flächen im August für das achtfache zum Verkauf an die Stadt angeboten.
Die Fraktion der Grünen will das Thema heute in der Finanzdeputation ansprechen. Fraktionssprecher Dieter Mützelburg erwartet, daß alle betroffenen Senatoren „schnellstens Stellung“ zu dem Bericht nehmen. Da noch kein Geld geflossen sei, sei der Kauf noch nicht perfekt, meinte Mützelburg. Allerdings, so war von den Grünen zu hören, seien die Verträge bereits unterschrieben.
CDU-Fraktionschef Peter Kudella hat inzwischen Bürgermeister Klaus Wedemeier aufgefordert, ihm den Vorbericht zur Verfügung zu stellen. Kudella: „Wenn damals Fakten vorenthalten wurden, dann muß das Konsequenzen haben.“ Wirtschaftssenator Claus Jäger gab an, daß ihm der Bericht seit seinem Amtsantritt vertraut sei, wollte sich jedoch nicht inhaltlich äußern. hbk
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