: Des Guten zuviel
■ Kabarett Schwarzbrotgold im Hoftheater
Studentenkabarett hat immer den faden Beigeschmack von Laientheater. Über dieses Stadium sind die zwei Damen und drei Herren von Schwarzbrotgold längst hinaus. Rio — New York — Eisenhüttenstadt lautet der Titel des dritten Programms der FU-Studenten. Überaus witzig und voller Verwandlungsfreude wird so ziemlich alles aufs Korn genommen, was Republik und Szene hergeben. Das beginnt beim verschämt-stolzen Sachsen in New York (»I come from Hoyerswerda«), geht über das Vorturnen der Bewerber für ein WG-Zimmer, das einem Inquisitionsgericht alle Ehre machen würde und läßt einen wunderbar getroffenen Stoltenberg (»Ich will meine letzte Flasche Rotwein nicht in der Badewanne trinken!«) in einer Gärtnerei auftauchen. Dorthin hat sich der BND aus Tarnungsgründen zurückgezogen — bei Schwarzbrotgold. Und so kann der begnadete Parodist Johannes Heesch in typisch steifer Diktion verschlüsselte Nachrichten aus Blumenlisten enträtseln: »Was darf ich unter zweieinhalbtausend Nelken verstehen?«
75 Minuten lang trägt das buntgemischte Programm, von wenigen schwachen Nummern abgesehen. Und dann ist Halbzeit. Das ist leider wörtlich zu verstehen. Schwarzbrotgold sind einem typischen Anfängerfehler aufgesessen und haben es sich nicht nehmen lassen, über zwei Stunden zu spielen. Selbstverliebt wird auf keine noch so schwache Nummer verzichtet, wie beispielsweise ein mit dünnen Männerstimmchen vorgetragenes Lied mit dem irritierendem Refrain »Einen Zug kann man nicht reparieren«. Später erfahre ich gerüchteweise, daß es »Nation« statt »Zug« heißt — von Leuten, die sich in der Pause erkundigt hatten.
Die Gruppe hat auf eine ordnende Regie von außen verzichtet, und das ist jammerschade. Denn so fehlt dem Programm inhaltlich der rote Faden, vieles hätte kürzer vorgetragen werden können, manches paßt überhaupt nicht. Rio — New York — Eisenhüttenstadt ist so bunt zusammengewürfelt wie sein Titel; die Gruppe konnte sich zwischen Politparodien, Seitenhieben auf die Szene und Altberliner Witz nicht entscheiden. Da wird für einen Lacher selbst Klamottenkomik à la »Charlies Tante« bemüht.
Fazit: Schade um so viel verschwendetes Talent, das in diesem überfüllten Programm untergeht. Empfehlung: Nach der Pause gehen oder auf drastische Kürzungen hoffen. Sabine Rutkowski
Schwarzbrotgold spielen noch bis zum 23.2. jeweils Do-So im Hoftheater
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