Etappenweise bis zum Ausnahmezustand

■ Seit dem Rücktritt von Präsident Chadli Bendjedid hat sich der Machtkampf zugespitzt

11. Januar: Erzwungener Rücktritt von Präsident Chadli Bendjedid fünf Tage vor dem zweiten Durchgang der Parlamentswahlen. Die Regierung ruft die Armee auf, „die öffentliche Ordnung und die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten“. Die algerische Verfassung sieht vor, daß der Präsident der Nationalversammlung an die Stelle des zurückgetretenen Präsidenten tritt. Da diese aber eine Woche zuvor aufgelöst worden war, übernimmt der Präsident des Verfassungsrates, Abdelmalek Benhabyles, das Interim.

12. Januar: Der Hohe Sicherheitsrat erklärt, er werde bis zur Lösung der Nachfolgefrage an der Staatsspitze „ständig“ tagen. Außerdem sagt er die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen ab.

14. Januar: Einsetzung des Hohen Staatsrates unter Vorsitz von Mohamed Boudiaf, einem seit 1963 im Exil lebenden „Helden“ des Unabhängigkeitskrieges gegen Frankreich (1954-62). Dem Staatsrat werden die Aufgaben des Präsidenten übertragen.

15. Januar: Die drei Parteien, die beim ersten Wahlgang der Parlamentswahlen am 26. Dezember die meisten Stimmen erhalten haben, die Islamische Heilsfront, die Front der Sozialistischen Kräfte (FFS) und die Nationale Befreiungsfront (FLN), erklären ihre Gegnerschaft zu den neuen Machthabern.

19. Januar: Die Islamische Heilsfront verlangt die Rückkehr zum „Recht der Verfassung“ und die Abhaltung der Stichwahlen.

21. Januar: Die im Amt gebliebene Regierung von Sid Ahmed Ghozali beschließt ein Programm für die strikte Beschränkung der Moscheen auf „religiöse und erzieherische Betätigungen“ und gegen jegliche „parteiischen Aktivitäten“ in den islamischen Gotteshäusern.

22. Januar: Abdelkader Hachani, der Leiter des Exekutivbüros der FIS, wird festgenommen, weil er bei einem Gebet die Soldaten zur „Fahnenflucht“ aufgerufen habe. Hachani ist bereits die achte Führungspersönlichkeit der FIS, die eingesperrt wird.

24. Januar: Othmane Aissani folgt in der FIS-Leitung auf den festgenommenen Hachani. Bei den Freitagsgebeten treffen Ordnungskräfte und Anhänger der FIS vielerorts aufeinander.

25.-28. Januar: Außerordentliche Sitzung des Zentralkomitees der FLN zum Zwecke der Positionsbestimmung gegenüber den Machthabern.

28. Januar: Festnahme der „Nummer zwei“ der FIS, Rabah Kebir.

29. Januar: Erste gravierende Zusammenstöße zwischen Anhängern der FIS und Ordnungskräften seit der Einsetzung des Hohen Staatsrates.

31. Januar: Auseinandersetzungen rund um Moscheen in mehreren Städten anläßlich der Freitagsgebete.

3. Februar: Boudiaf fordert die FIS auf, sich an die demokratischen Spielregeln zu halten. Boudiaf erklärt, er habe „keinesfalls die Absicht“, die Anerkennung der FIS in Zweifel zu ziehen.

4./5. Februar: Die FIS ruft die internationale Staatengemeinschaft auf, die neuen Machthaber zu boykottieren. Für den 14. Februar ruft sie zu einem „nationalen Friedensmarsch“ auf.

4.-9. Februar: Blutige Auseinandersetzungen zwischen den Militärs und FIS-Anhängern in Batna, 430 km südöstlich von Algier. Nach offiziellen Angaben gibt es 13 Tote und 66 Verletzte. Am 7. Februar, dem „blutigen Freitag“, sterben nach Angaben von Ärzten mehr als 40 Menschen, 300 werden verletzt. afp