: Atommülltransporte „just in time“
■ Bundesforschungsministerium räumt Entsorgungsdesaster ein/ Zwischenlagerung in Schottland
Berlin (taz/afp) — Die Bundesregierung will dem Atommülldesaster bei ihren Forschungsreaktoren durch ausgeweitete Atommülltransporte entgehen. Die abgebrannten Brennstäbe könnten zur Zwischenlagerung nach Schottland transportiert werden und von dort dann 1996 zurückkehren, schlägt ein vertrauliches Papier aus dem Bundesforschungsministerium vor. Der Arbeitskreis „Brennstoffkreislauf Forschungsreaktoren“ rechnet darin vor, daß schon heute rund 3.100 abgebrannte Elemente aus deutschen Forschungsreaktoren in den Anlagen lagerten, allein 2.100 davon auf dem Gelände des Reaktors Rossendorf bei Dresden. Würden alle 3.100 Brennelemente transportiert, wären das rund 120 Atommülltransporte nach Schottland und retour. Der Atommüllberg wächst derweil, nach Greenpeace zugespielten Berechnungen des Arbeitskreises, jährlich um weitere 80 bis 120 Brennelemente.
Bis 1988 hatten die deutschen Forschungsreaktoren ihre abgebrannten Brennelemente aus speziellem hochangereichertem Uran in die USA geliefert und dort aufarbeiten lassen. Eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung sowie weitere zu erwartende gerichtliche Klagen verzögern jedoch derzeit die Wiederaufnahme des Betriebes der Savannah River Plant in Ohio auf unbestimmbare Zeit. Die Arbeitsgruppe nimmt an, daß der Annahmestop bis nach 1995 anhalten wird.
Als Ausweg aus diesem Dilemma biete sich lediglich eine befristete Zwischenlagerung in der für ihre radioaktiven Emissionen berüchtigten schottischen Wiederaufarbeitungsanlage Dounreay an. In der Umgebung von Dounreay hatten sich in den vergangenen Jahren die Fälle von Kinder-Leukämie gehäuft. Bis 1994 müßten die Betreiber der Forschungsreaktoren zudem über eine Wiederaufarbeitung in Schottland entschieden haben, sonst gehe der brisante Stoff bis spätestens 1996 zurück an den Absender.
Selbst in Bonn scheint man Zweifel an der schottischen Option zu haben. Jedenfalls sieht das vertrauliche Papier die Erarbeitung einer Alternative parallel zu Dounreay vor. Dafür sollen bis spätestens 1996 Transport- und Lagerbehälter kommerziell zur Verfügung stehen. Die schottische „Northern European Nuclear Information Group“ berichtet, daß auch die hessische NUKEM nach technischen Zwischenlösungen für den Atommüll sucht. Darüber hinaus sollen die Genehmigungsverfahren zur Zwischenlagerung in Gorleben (Niedersachsen) und Ahaus (NRW) eingeleitet werden, so daß auch dort eine Zwischenlagerung der abgebrannten Forschungsbrennelemente ab 1996 möglich sei. Gleichzeitig werde empfohlen, Standortalternativen in den neuen Bundesländern, etwa in Greifswald und Rossendorf, zu prüfen. ten
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