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Wohin rollt der Rubel?

Die gebeutelten Ex-Sowjetmenschen russischer Staatsangehörigkeit befällt Panik bei dem Gedanken, die ehemaligen Genossen aus der Ukraine, Weißrußland und anderen Alt-Sowjetrepubliken könnten den ins Nirgendwo rollenden Rubel durch eigene Landeswährungen ersetzen.

In Rußland befürchtet man, der ohnehin an galoppierender Schwindsucht leidende Rubel würde noch mehr von seiner arg ramponierten Kaufkraft einbüßen. Die Moskauer Wochenzeitschrift 'Argumenty i Fakty‘ bringt in ihrer Ausgabe vom 9. Februar ein Interview mit Grigorij Matjuchin, seines Zeichens amtierender Vorsitzender der russischen Zentralbank.

Matjuchin wiegelt erst mal ab: Schließlich sei seit dem 1.Januar eine Regelung in Kraft, die besagt, daß die Summe sämtlicher Rubel, die sich auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetrepubliken befindet, als Schulden eben dieser Länder gegenüber Rußland zu betrachten seien.

Die Käufer aus nichtrussischen Republiken, die für Rubel in Rußland Waren erstehen, tragen dabei, laut Matjuchin, keineswegs zu einer Verringerung dieser Schulden bei. Vielmehr würden sie ihre eigene Republik damit zwingen, weitere Rubel von Rußland anzufordern, die wiederum nur gegen Ware oder Schuldverschreibung zu haben sind. Auf die vorsichtige Frage ukrainischer Banker, welchen Wechselkurs man in Moskau gegenüber einer neuen ukrainischen Währung anzustreben gedächte, erfolgt die Retourkutsche: „Gar keinen. Wir brauchen eure Gutscheine nicht.“

Das Unbehagen bleibt bestehen. Wenn man davon ausgeht, daß man derzeit in Moskau auf dem Schwarzmarkt locker zwischen 70 und 80 Rubel für eine Deutsche Mark erhält, erscheinen russische Befürchtungen, Westler könnten die GUS mit Sack und Pack aufkaufen, nicht ganz unberechtigt. Besorgte Patrioten verweisen darauf, daß sich ein deutscher Austauschstudent bereits für ein paar tausend Mark in der ehemals so stolzen Hauptstadt einen Supermarkt zulegen könnte.

Grigorij Matjuchin hat scheinbar auch für dieses Problem eine Lösung parat: Er sähe es am liebsten — und hier kommt wieder das altvertraute Wunschdenken zum Vorschein — „wenn der Kurs für investitionswillige Ausländer auf etwa acht bis zehn Rubel pro Dollar festgesetzt würde“. Bernhard Clasen

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