Der Senat pokert um das Steuerpaket

■ Berlin will von Bonn weitere Finanzhilfen/ Sonst lehnt die Stadt Waigels Steuerpaket ab/ Drei Milliarden in Aussicht

Berlin. Ein Berliner Trio wird am Freitag nach Bonn fahren, um die Stadt im Bundesrat bei der Abstimmung über die Mehrwertsteuererhöhung zu vertreten. Doch wie die drei — der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen, Bundessenator Peter Radunski (beide CDU) und Wirtschaftssenator Norbert Meisner (SPD) — am Ende abstimmen werden, ist immer noch offen.

Die Berliner SPD blieb auch gestern bei ihrem Nein zum Steuerpaket von Finanzminister Theo Waigel (CSU). Wenn Waigel keine Änderungen vornehme, müsse sich der Senat im Bundesrat enthalten, wurde gestern von Meisner-Mitarbeitern bekräftigt. Radunski dagegen hatte bereits am Dienstag in Aussicht gestellt, Berlin werde dem Steuerpaket zustimmen. Waigels Angebot, den »Fonds deutsche Einheit« aufzustocken und Berlin daran in den nächsten zwei Jahren insgesamt drei Milliarden Mark zusätzlich zukommen zu lassen, sei »sehr interessant«.

Die Berliner SPD verlangt dagegen nach wie vor, daß der Fonds mit den Gewinnen der Bundesbank aufgefüllt werden müsse, nicht mit Ländermitteln. Die Sozialdemokraten halten außerdem an der Forderung fest, das Kindergeld für das erste Kind von 50 auf 100 Mark zu erhöhen.

Zeigt sich Waigel am Freitag kompromißbereit, müßten Meisner, Diepgen und Radunski in Bonn gemeinsam entscheiden, wie sich der Senat verhält. Im Gegensatz zu Radunski sei auch Diepgen der Ansicht, daß Waigels bisheriges Angebot »ein bißchen dünn« sei, wurde gestern kolportiert. Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) soll deshalb bis Freitag versuchen, weitere Bonner Finanzzusagen zu erlangen. »Wir stehen in laufendem Kontakt zu Bonn«, bestätigt Pieroths Staatssekretär Werner Heubaum.

Während Berlin es hier den anderen ostdeutschen Bundesländern gleichtut, wird in Senatskreisen bereits über eine künftige Einheitsfront aus Ostländern und strukturschwachen Ländern des Westens spekuliert. Bei der Abstimmung über das Steuerpaket sei es deshalb wichtig, Niedersachsen und andere arme Westländer »mit ins Boot zu nehmen«. Die Stimmen von Berlin und Brandenburg würden im Bundesrat zwar reichen, um zusammen mit den CDU-Ländern dem Steuerpaket zu einer Mehrheit zu verhelfen. In näherer Zukunft stünden jedoch im Bundesrat weitere wichtige Entscheidungen an, bei denen es zu einem Konflikt zwischen den reichen Ländern des deutschen Südens einerseits, den nördlichen und östlichen Ländern andererseits kommen könnte. »Wenn demnächst über den Strukturhilfefonds abgestimmt wird, brauchen wir die strukturschwachen Länder des Westens«, heißt es. »Allein werden sich Berlin und die übrigen Ostländer nie durchsetzen können.« hmt