: Wohngruppen: Fünf Stunden mehr Verschluß
■ Brief an den Justizminister von Rheinland-Pfalz/ Personal wird fürs Freigängerhaus abgezogen
Wir, die Frauen der JVA Zweibrücken, wenden uns mit dem Problem „Ein- und Aufschlußzeiten“ persönlich an Sie.
Die Leitung der JVA Zweibrücken legte uns ohne irgendwelche Vorinformationen am 29.12.91 einen neuen Ein- und Aufschlußplan vor, der seit dem 4.1. 92 in Kraft getreten ist.
Grundsätzlich bestehen keine Einwände gegen einen neuen Plan, unser Augenmerk richtet sich allerdings auf die Sonn- und Feiertage. An diesen Tagen erfolgt der Einschluß neuerdings um 15.30 Uhr, bisher galt Einschluß um 20.30 Uhr.
Wie Sie wissen, steht die Mehrzahl der Frauen in einem Arbeitsverhältnis. Allein schon aus diesem Grund liegt uns sehr viel an den Wochenenden, um innerhalb der Gruppe Probleme zu erörtern, die Zellen zu reinigen, Kuchen zu backen, Kaffeeklatsch abzuhalten, etc.
Nun möchte die Anstaltsleitung unser Wochenende kürzen, indem sie uns fünf Stunden früher unter Verschluß bringt. Die Begründung geht dahin, daß uns für das neue Freigängerhaus Personal abgezogen wird, das dann hier fehlt. Sollen wir unter diesen Umständen leiden? Außerdem brachten wir in Erfahrung, daß unsere Beamtinnen einen neuen Dienstplan erhielten, der noch zusätzlichen Dienst bei den Männern vorsieht, was auch sehr wenig Anklang bei ihnen fand.
Man brachte zum Ausdruck, daß man jetzt nach dem „Diezer Modell“ vorgeht. Nur wissen wir, daß es in der JVA Diez keinen Wohngruppenvollzug gibt. Wie sieht es in Schifferstadt und Ludwigshafen aus, wo es den Wohngruppenvollzug tatsächlich gibt?
Wir sind schon froh, daß es nun auch für unsere Anstalt ein Freigängerhaus geben wird, von dem viele ihren Nutzen haben werden. Aber man kann doch nicht die einen „belohnen“, indem man die anderen benachteiligt.
Unsere Frauenanstalt soll ein Pilotprojekt sein, in dem der Wohngruppenvollzug praktiziert wird. Eine gute Idee, die hier vielen Frauen in schweren Zeiten geholfen, hat. Dies kann nur jemand verstehen, der sich schon in dieser Situation befunden hat.
Unsere Haupträume bestehen zum größten Teil aus Einzelzellen, in denen sich wenige TV-Geräte oder Radios befinden. Auch wenn das Gegenteil der Fall wäre, ist es nicht Sinn und Zweck der Sache, daß sich die Gefangene in die Isolation zurückzieht oder nur noch vor dem TV-Gerät sitzt.
Diesbezüglich hat sich der Wohngruppenvollzg schon bewährt. Zum anderen baut der Wohngruppenvollzug eine Gemeinschaft untereinander auf, die halt für jede Einzelne von großer Wichtigkeit und Bedeutung ist.
An dieser Stelle könnte man noch mehr Gründe für den Wohngruppenvollzug aufführen, aber an Sonn- und Feiertagen fünf Stunden früher eingeschlossen zu werden, entspricht unseres Erachtens einer „Zurückentwicklung“ für den gesamten Vollzug und für die Resozialisierungen. Durch diesen Plan haben sich auch die Ausgangszeiten geändert. Vorher Ausgang von 10 Uhr bis 18 Uhr jetzt von 10 Uhr bis 15 Uhr. Dies können wir nicht akzeptieren und wir setzen voraus, daß dies auch nicht in Ihrem Sinne liegen dürfte.
Am Rande sei bemerkt, daß auch die Bediensteten dieser JVA mit der Regelung nicht einverstanden sind.
(...) Ansonsten fordern wir die Aufhebung des Wohngruppenvollzuges, das heißt die Öffnung der Wohngruppen untereinander. (...) Die Frauen
der JVA Zweibrücken
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