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Koalition streitet um Asylrecht

Anläßlich der Unterzeichnung des Gesetzentwurfs zum Schengener Abkommen verlangt die Union erneut eine Grundgesetzänderung/ Die FDP sieht das völlig anders  ■ Aus Bonn Tissy Bruns

Das Bundeskabinett hat gestern den Gesetzentwurf zum Schengener Abkommen beschlossen. Kanzler und Unionsminister haben bei dieser Gelegenheit via Kabinettsprotokoll „im Hinblick auf die anzustrebende Harmonisierung des Asylrechts in Europa“ verlangt, den Grundgesetzartikel 16 zu verändern. Eine Protokollnotiz gegenteiligen Inhalts von den liberalen Ministern: Die Bundesregierung bleibt beim Asylrecht vorerst uneinig. Das Schengener Abkommen reguliert den Abbau der Grenzkontrollen zwischen derzeit acht EG-Staaten. Bis 1993 soll es mehr Freizügigkeit geben, denn alle Personenkontrollen werden wegfallen. Das gilt allerdings nur für die EG-Bewohner. Zu den „Ausgleichsmaßnahmen“, wie Bundesinnenminister Seiters gestern erläuterte, gehören insbesondere neue Einreisebedingungen für Ankömmlinge aus Drittländern, die das Schengener Zusatzübereinkommen festlegt. Danach gilt für Flüchtlinge und Asylbewerber: Was in dem Staat, den ein Flüchtling zuerst erreicht, asylrechtlich entschieden wird, gilt in allen anderen auch.

Die Bundesrepublik könne dem Abkommen nicht „in allen Teilen“ beitreten, solange Artikel 16 Grundgesetz unverändert gilt, so Seiters. Von den „Abgabemöglichkeiten“, die jedes Land beanspruchen könne, wenn ein Flüchtling über ein anderes Mitgliedsland einreist, könne die Bundesrepublik nicht Gebrauch machen. Seiters sieht denn auch die Gefahr, das „Reserveasylland Europas“ zu werden. Ein volles Ja zur Freizügigkeit in Europa verlangt, so die Unionsinnenpolitiker, ein verändertes Asylrecht in Deutschland.

Die FDP hat dieser Argumentation mit ihrer Protokollnotiz zum Ratifizierungsgesetz zum wiederholten Male widersprochen, denn Schengen ermöglicht ausdrücklich den „nationalen Vorbehalt“. Die liberalen Minister: „Das Übereinkommen läßt es ausdrücklich zu, Asylverfahren auch abweichend von der vereinbarten Zuständigkeit durchzuführen, wenn das nationale Recht dies verlangt.“ Die Union wird in den Bundestag einen Gesetzentwurf zur „Ergänzung“ des Artikels 16 einbringen, wenn der Ratifizierungsentwurf in das Gesetzesverfahren geht. Wie lange und unter welchen Bedingungen die FDP sich diesem Ansinnen verweigern wird, hängt offenbar nicht nur von liberalen Grundsätzen ab. Schon letzte Woche hatten die FDP-Innenpolitiker signalisiert, daß ihre Haltung sich ändern könne, wenn das Schengener Abkommen sich auf andere Länder ausdehnt. Aus Polen, der CSFR, Österreich und der Schweiz, die als Mitgliedsstaaten im Gespräch sind, kommen tatsächlich viele Flüchtlinge in die BRD. Die Zahl, die über die bisherigen Mitgliedsländer einreist, ist dagegen nur minimal.

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