Benzin: Mit fünf Mark sind Sie dabei

■ Bayerns Innenminister Stoiber und Verkehrsminister Krause debattieren über ein substanzloses Papier/ Verkehrswissenschaftler fordert drastische Benzinpreiserhöhungen auf fünf Mark je Liter

Berlin (taz) — „Fünf Mark pro Liter Benzin wäre eine ökologisch sinnvolle Maßnahme“, so der Dortmunder Verkehrswissenschaftler Helmut Holzapfel. Der Streit um die Frage, ob ab 1994 für jedes Auto 100 bis 200 Mark Straßenbenutzungsgebühr bezahlt werden müssen, zeige hingegen mal wieder deutlich, daß die Verkehrspolitiker in der Bundesrepublik lediglich „rumstümpern“.

Grund des Zwistes zwischen dem bayerischen Innenminister Edmund Stoiber und dem Bonner Verkehrsministerium: in hochherrschaftlichem Rahmen hatten sich 37 Verkehrs-, Umwelt- und Raumordnungsminister auf Schloß Krickenbeck eingefunden, um ein substanzloses Papier zu verabschieden. Während Stoiber daraus interpretiert, daß sowohl PKW- als auch LKW-Besitzer in zwei Jahren eine Vignette kaufen müßten, betonte Krauses Sprecher, zur Debatte stünde lediglich eine Lkw-Gebühr. Tatsächlich heißt es in dem Papier in bestem Beamtendeutsch: „Voraussetzung für eine Liberalisierung und Deregulierung muß eine Harmonisierung — vor allem der Fiskalbelastungen — im Bereich der EG sein. Internationale Verkehre sind insbesondere im Transit durch Einführung eines EG- konformen Abgabesystems an den Wegekosten zu beteiligen.“

Derlei Pläne sind nicht neu: Mitte 1990 wollte die Regierung eine Schwerverkehrsabgabe einführen. Der europäische Gerichtshof stoppte diesen Plan auf Antrag der Kommission per einstweiliger Verfügung, weil die Kfz-Steuer für deutsche Spediteure gleichzeitig um genau denselben Betrag gesenkt werden sollte. Ausländische Transportunternehmen sahen die Maßnahme — zu Recht — als Protektionismus zugunsten der deutschen Unternehmen. Mit der endgültigen Entscheidung wird in diesem Jahr gerechnet.

Das SPD-geführte Verkehrsministerium in Hessen favorisiert eine Erhöhung der Benzinsteuern, weil nur so eine Verhaltensänderung bei Vielfahrern zu erreichen ist. Einen Literpreis von fünf Mark hält man dort allerdings für übertrieben: „Das ist auch wegen der EG-Richtlinien gar nicht möglich“, so eine Sprecherin. Pendler sollten nach Vorstellung der SPD beim Steuerausgleich für die höheren Fahrtkosten entschädigt werden. Von solchen halbherzigen Maßnahmen hält Verkehrswissenschaftler Holzapfel hingegen nichts: die Steuern müßten ungekürzt in den Ausbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrsnetzes fließen. Steuererleichterungen würden dagegen die bisherige Verkehrspolitik fortschreiben. aje