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Diepgen nicht zum Helden geboren

■ Berliner Bürgermeister hielt Gastrerde beim Bremer Schaffermahl

Die Öffnung der Stasi-Akten ist nach Auffassung des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Eberhard Diepgen (CDU), 2ein gesellschaftliches Wagnis und ein weites Feld voller Fallstricke und Minen“. Er halte es für wichtig, sich mit der SED-Diktatur als Ganzes auseinanderzusetzen, sagte Diepgen am Freitag in Bremen als Ehrengast der 448. Schaffermahlzeit. Die Diskussion um Einzelpersonen vernachlässige das System, das hinter den Individien stehe. Bei der Debatte um Informanten und Spitzel des Systems sollte nach Worten des Regierenden Bürgermeisters in jedem einzelnen Fall überaus sorgfältig geprüft werden, was vorzuwerfen sei.

Diepgen ist überzeugt, daß ein Teil der jetzt so effektvoll Enttarnten in Gewissensnot lebte, verdrängt und versuchte hatte, sich zu wehren, so gut es eben ging. „Die wenigsten von uns sind zum Helden geboren“, betonte der CDU-Politiker. Die Bürger der alten Bundesländer sollen sich in Zurückhaltung üben, statt vorschnelle Urteile abzugeben. Es bestehe kein Zweifel, daß auch manche aus dem Westen dem Ministerium für Staatssicherheit Informationen geliefert haben.

Zur Sicherung des sozialen Friedens im vereinten Deutschland sagte der Ehrengast, maßvolle Tarifabschlüsse, die Investitionen im Osten ermöglichen und zugleich die Einkommensschere zwischen Ost und West nicht weiter vergrößern, wären ein wichtiger Beitrag, den Gewerkschaften und Arbeitnehmer leisten könnten. Die Verlegung des Regierungs-und Parlamentssitzes von Bonn nach Berlin ist nach Auffassung Diepgens eine Chance, den Weg zur inneren Einheit zu verkürzen. Er beklagte jedoch, daß immer neue und längere Zeitpläne dazu vorgelegt würden.

Die Bundesrepublik ist für den Ersten Schaffer, Dr. Peter Haßkamp, als Standort für Seereedereien zur Zeit wenig attraktiv. Zwar habe sich die Wettbewerbslage der deutschen Seeschiffahrt durch die Einrichtung des deutschen internationalen Schiffsregisters stabilisiert und verbessert. Doch der vorgesehene Wegfall der Finanzbeiträge werde die Wettbewerbslage für deutsche Schiffe derart verschlechtern, daß eine neue Welle von Ausflaggungen zu erwarten sei. Nur substantielle Kostenentlastungen, zum Beispiel durch Lohn-und Einkommenssteuerfreiheit für deutsche Seeleute,könnten die deutsche Seeschiffahrt retten.

Zur Schaffermahlzeit, dem ältesten Brudermahl der Welt, treffen sich alljährlich rund 300 Kaufleute, Kapitäne, Mitglieder der Stiftung „Haus Seefahrt“ und Gäste. Die Veranstaltung dient zur Unterstützung der Stiftung, die als eines der ältesten aktiven Sozialwerke der Welt Kapitänen, ihren Witwen und Waisen hilft. dpa

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