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Do it the canadian way

■ Trotz Orientierung an Kanada: Die deutschen Eishockeyspieler unterlagen den Schweden mit 1:3

Meribel (taz) — Kanadische Eishockeyspieler, das ist bekannt, nutzen ihre Europatrips zu gerne, um sich ausgiebig einen hinter die Binde zu gießen und den Eishockeygott einen guten Mann sein zu lassen.

Auch die Olympiamannschaft um den neuen jugendlichen Superstar Eric Lindros macht da, so hört man an allen Ecken und Enden, keine Ausnahme. Das Verblüffende ist jedoch, daß die Kanadier nebenbei meist noch in der Lage sind, ganz vorzüglich Eishockey zu spielen. Diese Fähigkeit beeindruckt auch Bundestrainer Ludek Bukac, und so dachte er sich angesichts der bisherigen Erfolglosigkeit seiner Mannschaft, warum probieren wir es nicht mal mit dem „canadian way“: freiwilliges Training, Stadtbummel in Albertville, späte Bettruhe.

Beim Match gegen Weltmeister Schweden trug die neue Lockerheit jedoch nicht die erhofften Früchte, sprich: Tore. Zwar gelang wieder mal ein Treffer durch Michael Rumrich, aber der fiel gegen nur drei Feldspieler, als zwei Schweden und ein Deutscher die Strafbank drückten. Und ob es im weiteren Verlauf des Turnieres gelingen wird, immer im rechten Moment ein paar Gegner vom Eis zu ekeln, scheint eher zweifelhaft.

Ansonsten konnten sich die Deutschen diesmal auch nicht auf ihre unglücklich verpaßten Torchancen herausreden. Sie hatten keine. Die schwedische Abwehr mit dem 40jährigen Björre Salming hatte den nervösen Germanensturm jederzeit im Griff, wie die Schweden überhaupt die gesamte Partie eher als gehobenes Trainingsspiel handhabten. Spätestens nach dem demütigenden 3:1 durch Patrik Ericksson war der Widerstand des Bukac-Teams endgültig gebrochen. Maradonahaft tanzte er an der Bande hinter dem Tor drei Gegenspieler aus, glitt dann zum bewährten Bauerntrick ums Tor herum und hatte dabei so viel Platz, daß er den Puck locker ins obere Eck lupfen konnte.

„Wir können mit jedem Gegner mithalten“, hatte Bukac vorher behauptet, aber das Schwedenmatch deckte die Mängel im deutschen Spiel schonungslos auf: technische Fehler bei der Annahme, unpräzises Paßspiel, mangelhafter Körpereinsatz, fehlender Biß, geistige Langsamkeit. Oft schauten sich die Deutschen noch ratlos nach dem entfleuchten Puck um, als ihn ein Schwede schon längst am Schläger hatte.

Sollten die restlichen beiden Spiele gegen Italien (heute, 13Uhr) und Polen (Montag, 13Uhr) tatsächlich gewonnen werden und der zum Viertelfinale qualifizierende vierte Platz der GruppeA belegt werden, müßten die Deutschen gegen den Ersten der GruppeB antreten. Möglicherweise sind das die Kanadier, die dann vermutlich vorführen werden, daß der „canadian way of hockey“ wohl doch nur für seine Erfinder taugt. Matti

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