piwik no script img

Die Rache des Gekränkten

■ Trainer Jörg Berger schlägt mit seiner neuen Mannschaft aus Köln seine alte aus Frankfurt mit 2:1

Der Archetypus des zurückgestoßenen Liebhabers, der mit vernarbten Herzen an den Ort des Jammers zurückkehrt und von stiller Genugtuung träumt, ist mittlerweile auch in den deutschen Fußballstadien mehr und mehr vertreten. Jörg Berger, Trainer des 1. FC Köln, hatte einst ein Liebesbündnis mit der Eintracht aus Frankfurt, ehe sich diese in die Arme eines feurigen Galan vom Balkan warf. Verbittert und gekränkt mußte er knapp zehn Monate mitansehen, wie der stadtbekannte Charmeur Dragoslav Stepanovic mit seiner Holden durchbrannte und die Lorbeeren erntete, die Berger für sich beanspruchte. Am Samstag betrat er erstmals nach seinem erzwungenen Abgang seine alte Wirkungsstätte. Sein Team sollte sich bis in die Haarspitzen präpariert zeigen.

Die Kölner starteten furios. Vom Anstoß weg erwirkten sie eine Ecke. Während sich Eintracht- Trainer Stepanovic neben der Bank, an Mantel und Regenschirm nestelnd, noch in Positur stellte, zirkelte Pierre Littbarski den Ball scharf vor's Tor und der keineswegs von Steicheleinheiten verwöhnte norwegische Stopper Anders Giske köpfte das Leder nach Sprint durch den Strafraum in die Maschen. Den Nachzüglern unter den Zuschauern fiel die Wurst aus der Hand. „Wir haben diese Ecken die ganze letzte Woche geübt“, wies der Kölner Trainer später auf diese kreative Trotzreaktion seiner geplagten Seele.

Die Frankfurter warfen schnell ihre taktischen Überlegungen über Bord. Für Verteidiger Klein kam der offensive Fallkünstler Lothar Sippel. Ungestümes Drängen in der Folgezeit, doch einzig der jüngst geschmähte afrikanische Brecher „Tony“ Yeboha sorgte für Gefahr vor dem Kölner Tor.

Vom sagenumwobenen Mittelfeldskalpell der Frankfurter mit Bein und Möller war nicht viel zu sehen. Uwe Bein pausierte ob eines geschwollenen Muskels im hinteren Bereich und verzichtete freiwillig auf eine Jokerrolle von der Bank aus. Andreas Möller spielte zwar sehr gut, hatte sich aber heftigst mit der Athletik des Carsten Baumann auseinanderzusetzen. Einige Male konnte er dem Kölner entwischen, doch spürte er stets dessen Atem im Nacken, was ihn sichtlich irritierte und das Tor knapp verfehlen ließ. Baumanns Kampfgeist war auch Ausgangspunkt des zweiten Kölner Tores. Noch in der Frankfurter Hälfte luchste er Möller den Ball ab, die Kugel fiel dem bis dato schläfrig wirkenden Ordenewitz vor die Füße, welcher, aus dem Trancezustand erwachend, die Nülle knallhart ins „Fritzchen“ semmelte. 2:0 für's Gemüt.

Nach der Pause durften die ungeduldigen Frankfurter Zuschauer nach dem Anschlußtreffer von Falkenmeyer noch kurzzeitig hoffen, doch zu durchdachten Aktionen vor dem Kölner Tor kam die Eintracht nicht mehr. Möller'sche Fernschüsse und Soloritte von Yeboha blieben Mangelware. Nicht unbedingt die bessere, sondern die besser eingestellte Mannschaft gewann verdient mit 2:1 Toren.

In der anschließenden Pressekonferenz verwehrte sich Jörg Berger gegen jede Art von befriedigten Rachegelüsten. Vergeblich, denn er selbst machte keinen Hehl daraus, „daß es für diesen Sieg leider nur zwei Punkte gibt“. Also doch. Was er am Abend noch machen würde? „Ich denke an die gute Zeit in Frankfurt. Dann hänge ich die Gardinen in meinem Haus ab.“ Ob man den UEFA-Cup für Köln jetzt nicht als ähnliches Ziel einstufen könnte, wie die Meisterschaft für die Eintracht? Der einst verschmähte Liebhaber, sichtlich gelöst, konterte grinsend mit einem Rätsel. „Das ist wie mit einer Frau, da habe ich mich entschieden.“ Andreas Lampert

Köln: Illgner - Götz - Giske, Trulsen - Greiner, Heldt, Littbarski, Baumann, Andersen - Ordenewitz (71. Steinmann) , Sturm (82. H. Fuchs)

Zuschauer: 22.000

Tore: 0:1 Giske (1.), 0:2 Ordenewitz (44.), 1:2 Falkenmayer (52.)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen