: Grüne Großstadtpolitik
■ betr.: "Die lustvolle Abrechnung mit der Lurchfraktion", taz vom 4.2.92
betr.: „Die lustvolle Abrechnung mit der Lurchfraktion“,
taz vom 4.2.92
[...] Leider krankt der Artikel sehr stark daran, daß der Autor seine Wünsche und Sichtweisen für die Entwicklung grüner Großstadtpolitik auf das „Grüne Städteforum“ projiziert und so den Eindruck erweckt, als wäre seine Position die nahezu konsensuale Meinung des TeilnehmerInnenkreises. Dies aber ist ja gerade nicht der Fall. Fakt ist, daß zum Teil recht widersprüchliche und kontroverse Einschätzungen über die Richtung der weiteren Stadtentwicklung vorgetragen wurden. [...]
Grüne Stadtpolitik trifft auf eine oft komplizierte Gemengelage von Zielkonflikten zwischen sozialen und ökologischen Bedürfnissen. Wo ist dies augenfälliger als beim Wohnungsbau? Alle grünen Fraktionen fordern mehr Wohnungsbau, sozialen dazu. Nicht wenige Grüne (WählerInnen) logieren alleine oder zu zweit in geräumigen Altbauwohnungen. Aber Wohnungsbau und erst recht mehr Wohnraumbedarf führt letztlich auch zu Flächenfraß. Nicht wenige Konflikte werden nicht von ökologischen Prämissen, sondern vom St.Floriansprinzip beherrscht. [...]
EG-Binnenmarkt und das neue Ost-West-Verhältnis bringen auch einen neuen Schub in der Städtekonkurrenz um ökonomische Standortvorteile mit sich. Die euphorische Wiederentdeckung vermeintlichen früheren Metropolenglanzes wäre bei der Bewältigung dieser neuen Wachstumswelle kaum hilfreich. Von Bedeutung wird aber sein, ob die Städte ein neues Verhältnis zu ihrem Umland finden, ob eine regionale und gleichberechtigte Kooperation und damit ein veränderter Austausch auf verschiedenen Ebenen Platz greift. Auch hier kann und soll grüne Stadtpolitik Akzente setzen.
Das „grüne Städteforum“ ist eine Chance — nach fast zehn Jahren grüner Kommunalpolitik — endlich einen kontinuierlichen, politischen Rahmen des Erfahrungs- und Konzeptionsaustausches über doch augenfällig überall in abgewandelter Form gleiche Probleme der Großstadtentwicklung herauszubilden. Da kann es nur kontraproduktiv sein, wenn — von welcher Seite auch immer — versucht wird, diesem Forum eine bestimmte Sichtweise verorten zu wollen, bevor die Diskussion überhaupt begonnen hat. In diesem Falle hätte es der aufkeimenden Diskussion eher genutzt, wenn der taz- Autor die journalistische Grundregel beherzigt hätte, zwischen Bericht und persönlichem Kommentar zu unterscheiden. [...] Ute Ebenbeck, Leipzig;
Sabine Csampai, München;
Jörg Frank, Köln;
Peter Schwanewillms, Hamburg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen