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Wie es sich fügt

■ Lawrence Kasdan „Grand Canyon“ (im Wettbewerb)

Eine Stadt im Belagerungszustand. Polizeihubschrauber patrouillieren darüber, Jugendbanden machen jede nächtliche Autofahrt zu einem Spießrutenlauf, Diebstahl und Einbruch gehören zur Tagesordnung, Rassenkonflikte schwelen, ab und zu erschüttert ein Erdbeben die Grundfesten der Existenz. Ein Hexenkessel, der jeden Augenblick überkochen kann. Los Angeles 1991.

Lawrence Kasdans neuer Film handelt vom Unbehagen der Mittelklasse am unkontrollierbar gewordenen urbanen Leben. Es hätte ein sehr hysterischer oder spekulativer Film werden können, doch Kasdan dramatisiert vor allem die Zwischentöne; in der atemberaubendsten Szene des Films geht es einfach nur darum, wie gefährlich es ist, in Los Angeles links abzubiegen.

Sechs Schicksale und Geschichte werden in Parallelmontagen zu einem immer dichter werdenden Beziehungsgeflecht verknüpft: Mack (Kevin Kline), ein Anwalt, grübelt sich durch eine Umbruchsphase seines Lebens und bemerkt erst, wie unausgefüllt das seiner Frau Claire (Mary McDonell) ist, als diese sich in den Kopf setzt, ein Findelkind zu adoptieren. Der Abschleppwagenfahrer Simon (Danny Glovaer) rettet Mack eines Nachts das Leben und legt so den Grundstein zu einer eigentümlichen Freundschaft. Macks alter Freund Davis (Steve Martin), ein zynischer Hollywoodproduzent, gerät kurzfristig in eine Sinnkrise, als ihn ein Dieb niedergestochen hat: er will fortan keine gewaltverherrlichenden Filme mehr drehen. Dee (Mary-Louise Parker), Macks Sekretärin, liebt ihren Chef umso mehr, weil sie weiß, daß er seine Familie nie verlassen würde. Und schließlich ihre Freundin Jane (Alfre Woodard), die wenig ermutigende Erfahrungen mit Männern gesammelt hat, sich aber doch darauf einläßt, daß Mack sie mit Simon verkuppeln will.

Sechs Personen haben einen Autor gefunden (oder, um es genauer zu sagen: zwei, denn zum ersten Mal zeichnet Kasdans Frau Meg mitverantwortlich für das Drehbuch). Scheinbar locker, tatsächlich aber sehr präzise montiert Kasdan die verschiedenen Geschichten (von denen übrigens keine je vernachlässigt wird) miteinander und läßt sie sich gegenseitig kommentieren. Wundersam, wie sich vieles zusammenfügt und anderes wieder nicht (Davis' „Bekehrung“ etwa währt nur wenige Tage). Von Wundern handelt der Film ohnehin: von den kleinen Epiphanien im Alltag, die vielleicht einen Lebensweg ändern können, von den Schutzengeln, die man im richtigen Augenblick trifft. Würde Kameramann Owen Roizman nicht auf einem ungeschminkten Realismus bestehen (und die Figuren mitunter in bedrohliche Nähe zu ihrer vertrauten und doch feindlichen Umwelt rücken), wäre der Film sicher zu einem unverhohlenen Märchen geworden. So besitzt er jedoch allen Charme der Naivität und keine ihrer Untugenden. Gerhard Midding

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