Anwohner müssen Lärm nicht dulden

■ Anwohner klagte: Bundesbahn muß für Lärmschutz sorgen

Richtungsweisend könnte ein Urteil der 1. Kammer des Bremer Verwaltungsgerichtes gegen die Deutsche Bundesbahn sein: Ein Grundstückseigentümer aus Bremen-Lesum, vor dessen Haus in 11,5 Metern Entfernung die Bahnlinie Bremen-Bremerhaven verläuft, hatte wegen unzumutbarer Lärm- und Erschütterungsimmissionen gegen die Bahn geklagt — und Recht bekommen.

Auf 100 Metern Strecke muß die Bahn nun die Immissionen auf 71,5 Dezibel bei Tag und 61,5 Dezibel bei Tag reduzieren; für die Erschütterungswerte, die durch eine naheliegende Weiche ausgelöst werden, hat das Gericht ebenfalls einen Grenzwert festgelegt. In dem Geschäfts- und Wohnhaus, in dem der Kläger und vier Mietparteien wohnen, wurden weit höhere Werte ermittelt: In den letzten Jahren, so der Kläger, hätte die Belästigung ein Maß erreicht, die das Bewohnen des Hauses unerträglich gemacht habe. Außerdem habe das Haus Risse bekommen.

Von „unerträglichen Wohnverhältnissen“ könne keine Rede sein, behauptete die Bahn, mit zumutbaren Mitteln sei zudem keine Abhilfe zu schaffen. Die Weiche existiere bereits seit den 60er Jahren, der Lärm gehöre dazu.

Das Gericht folgte allerdings den Ausführungen des Klägers: Zulässig sei die Klage gegen Be

einträchtigungen von öffentlich- rechtlich organisierten Anlagen auf jeden Fall. „Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit oder das Eigentumsrecht sind verletzt, wenn die Bundesbahn Immissionen hervorruft, die die Gesundheit schädigen oder schwer in das Eigentum eingreifen“, heißt es in der Urteilsbegründung (AZ 1A 350/86). Und zwar auch dann, wenn ein Schienenweg schon länger genutzt wird.

Die Lage an der Bahnlinie sei für das Grundsück zwar prägend - „die Duldungspflicht der Bewohner ist aber nicht unbegrenzt“. Unzumutbar sei eine Lärmreduzierung jedenfalls nicht — was beispielsweise durch eine Reduzierung der Geschwindigkeit der Züge geschehen könne. Das hatte die Bahn in Hinblick auf eine „nachhaltige negative Beeinflussung der Leistungsfähigkeit der Strecke“ abgelehnt.

Wie die Bahn nun, vorausgesetzt, sie akzeptiert das Urteil, die Grenzwerte einhalten wird, bleibt ihr überlassen: Auf bestimmte Maßnahmen, zum Beispiel die Verlegung der Weiche, kann nicht geklagt werden.

Weiterer Grund zur Klage: Von den Güterwaggons der Klöckner-Werke flogen ständig Erz- Brocken auf das Gelände. Das sei aus technischen Gründen aber nicht zu vermeiden. skai