: Pieroth verschenkt Bauland
■ Ein Großteil des Wohnungsbaupotentials in Berlin-Buch ging an eine Brennstoffhandelsgesellschaft/ Der Finanzsenator wußte seit Jahren Bescheid, reichte aber erst vor Monaten Restitutionsanspruch ein
Pankow. Hat das Land Berlin ein riesiges Grundstück verschenkt, auf dem Tausende von Wohnungen geplant sind? Eine etwa 26 Hektar große Fläche — das sind 260.000 Quadratmeter — in Berlin-Buch wurde von der Treuhandanstalt an die Stinnes-Brennstoffhandels- GmbH verkauft. Die Fläche befindet sich jedoch auf einem ehemaligen Berliner Stadtgut, das dem Land Berlin zusteht. Zudem gehört dieses Grundstück zu einem der wichtigsten Flächenpotentiale für den Wohnungsbau. Obwohl der damalige Ostberliner Wirtschaftsstadtrat Elmar Pieroth (CDU) von den Verkaufsverhandlungen wußte, reichte der jetzige Finanzsenator Elmar Pieroth den Restitutionsanspruch erst ein, als das Grundstück schon verkauft war.
Zur Vorgeschichte: Das fragliche Grundstück, am Pankower Autobahnkreuz und in der Nähe des dortigen Lindenhofs gelegen, war zu DDR-Zeiten in der sogenannten Rechtsträgerschaft der VEG Tierproduktion Berlin. Genutzt wurde es vom VEB Kohlehandel Berlin, der dort ein umfängliches Kohlelager errichtet hatte. Der VEB Kohlehandel — nach der Wende in eine Brennstoffhandelsgesellschaft umgewandelt — beantragte am 16. Mai 1990 beim damaligen Magistrat von Berlin, selbst die Rechtsträgerschaft für das von ihm genutzte Grundstück zu bekommen. Das lehnte der Magistrat ab. Im Sommer 1990 meldete Stinnes Interesse daran an, den VEB Kohlehandel von der Treuhand zu kaufen. Pieroth, Ostberliner Wirtschaftsstadtrat des damaligen »Magisenats« befürwortete dies auch, erinnert sich seine damalige Magisenatskollegin Michaele Schreyer. Eine Ausschreibung habe es nicht gegeben.
Der Kaufvertrag wurde am 25. und 26. März 1991 notariell beurkundet. Die Senatsverwaltung für Finanzen erfuhr davon nach Angaben von Pieroth, der inzwischen in Gesamt-Berlin Finanzsenator war, erst Ende April 1991. Erst am 5. Juli 1991 machte die Finanzverwaltung einen Restitutionsanspruch bei der Treuhand geltend.
Die umgewandelte Brennstoffhandelsgesellschaft, nun im Eigentum vom Stinnes, hat jedoch inzwischen — so Pieroth auf eine kleine Anfrage der jetzigen AL-Abgeordneten Schreyer — bei der Treuhand beantragt, daß sie jenes 26 Hektar große Grundstück als betriebsnotwendige Fläche zugeordnet bekommt, was die Treuhand am 26. September 1991 auch tat. Drei Monate später reichte das Land Berlin, das auf seinem Restitutionsanspruch beharrte, Klage vor Gericht ein. Das Land habe, so Pieroth, auf alle Fälle einen Entschädigungsanspruch. »Ob der dem tatsächlichen Wert des Grundstücks entspricht, steht in den Sternen«, meint Schreyer. Bauland von vergleichbarer Größe werde man dafür wohl kaum bekommen. esch
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen