: Flucht vor der Verantwortung
■ Die deutsche Autoindustrie will ihre Auto-Klimaanlagen nicht nachrüsten
Flucht vor der Verantwortung Die deutsche Autoindustrie will ihre Auto-Klimaanlagen nicht nachrüsten
Immer trifft es das Auto. Waldsterben, Klimakollaps, Dioxin an Straßenrändern: die Blechkutschen sind an jedem Umweltfrevel beteiligt. Jetzt sind die vierrädrigen Potenzsteigerer auch noch beim Ozonloch als Haupttäter entlarvt. Alle Welt redete über FCKWs in Kühlschränken und Feuerlöschern, und umweltbewußte Haushalte verzichten seit Jahren auf die geliebte Spraydose. Doch die Klimaanlage im Auto ist weltweit Ozonkiller Nummer eins.
Kluge Zeitgenossen stutzen zunächst. Sind es doch die Amerikaner, die, in jedem Serienkrimi zu bewundern, mit laufender Klimaanlage und offenem Fenster durch das brütende Los Angeles düsen. Damit habe doch die deutsche Autoindustrie nichts zu tun, wer fahre denn hier schon mit Klimaanlage. Entwarnung also? Weit gefehlt — die exportorientierte deutsche Autoindustrie mit ihren Nobelkutschen ist reichlich am globalen Ozonkillen beteiligt. 14 Prozent der Autos, die von deutschen Bänder liefen, hatten 1989 eine ozonschichtschädigende Klimaanlage. Für die Zerstörung der Ozonschicht tut es nichts zur Sache, daß diese deutschen Autos ihre ozonzerstörenden FCKW-Frachten nicht im eigenen Land, sondern vor allem im Ausland ablassen.
Um die Probleme weiß man in der Industrie seit Mitte der achtziger Jahre. Schon damals begann der Vorlauf für den jetzt präsentierten Ersatzstoff. Trotzdem ging die Fertigung der Ozonkiller auf den nun einmal gebauten und bezahlten Anlagen weiter. Das ist eine deprimierende, aber in unserer Wirtschaft normale Bilanz. Die Versuchung ist groß, mit den Schultern zu zucken.
Doch da ist noch ein weiterer Punkt. Die deutsche Industrie hat nicht nur die Kutschen weiterproduziert, sie hat sich noch nicht einmal Gedanken über eine Nachrüstung ihrer Altanlagen gemacht. Es wäre eine klassische Aufgabe für findige Ingenieure, die oftmals teuren alten Stücke mit einer neuen Technologie zum Schutze der Ozonschicht nachzurüsten. Was der vergleichsweise kleine schwedische Saab-Konzern anbietet, nämlich Nachrüstung, rechnet sich für den großen Daimler-Konzern angeblich nicht. Mit anderen Worten: Die deutsche Autoindustrie weigert sich, die Technik bereitzustellen, um die Umweltkosten ihrer Exportschlitten zu verkleinern. Sie verweigert nicht nur die finanzielle, sondern auch die technische Verantwortung für eine folgenreiche Fehlentscheidung. Der Staat kann hier wenig tun, die Autos sind weltweit verkauft. Was aber getan werden kann, ist, die Verantwortung der Konzernoberen ins helle Licht der Öffentlichkeit zu zerren. Dann entscheidet der Kunde. Hermann-Josef Tenhagen
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