: Das bürgerliche Jahr
■ Warum heute der 29. ist
Ein astronomisches Jahr, das ist die Zeit eines vollständigen Umlaufs der Erde um die Sonne (für die Puritaner: ein tropisches Jahr), dauert genau 365,2422 Tage. Das bürgerliche Jahr, das aus naheliegenden Gründen aus einer ganzen Anzahl von Tagen bestehen muß, wurde auf 365 Tage festgelegt. Man macht damit natürlich einen kleinen Fehler, der in vier Jahren auf fast einen Tag, genau auf
4*0.2422=0.9688 Tage
anwächst. Um diesen Betrag ist nach vier Jahre die astronomische Zeitrechnung der bürgerlichen voraus.
Um den Fehler klein zu halten, muß man im Zeitraum von vier Jahren irgendwo einen Tag hinzufügen. Das ist der Schalttag im Schaltjahr, der interessanterweise nicht der 29.Februar, sondern der 25.ist. Damit ist aber das bürgerliche Jahr dem astronomischen um
1-0,9688=0.0312 Tage
voraus. Das ist zwar nicht sehr viel, summiert sich aber in 400 Jahren immerhin auf 3,12 Tage.
Nach Ablauf von 400 Jahren hat man dann also drei Tage zu viel. Will man mit der astronomischen Zählung Schritt halten, muß man in 400 Jahren drei Schalttage weglassen. Dann besteht in einem Zeitraum von 400 Jahren noch ein Fehler von
0.12 Tagen.
Das ist nun wirklich nicht mehr viel. Mit dieser Regelung wächst nämlich der Fehler in
3.333 Jahren
auf einen Tag an.
Unser Kalender wurde in der heute gültigen Form 1582 von Papst Gregor XIII. eingeführt. Demnach würde der Fehler im Jahre 3248 auf einen halben Tag angewachsen sein. Das können wir ruhig an uns herankommen lassen. Denn ob unser altmodischer Kalender dann noch gilt, weiß keiner so genau. Weil nämlich verschiedene Jahre üblicherweise mit verschiedenen Wochentagen beginnen und das variable Osterdatum, das zwischen dem 22.März und dem 25.April liegen kann, die wirtschaftlichen Verhältnisse verschiedener Jahre nicht exakt vergleichbar machen und die Lobby der Kalendermacher nicht so stark ist wie die der Autoindustrie, gibt es Bestrebungen, diese statistische Erschwernis zu beseitigen.
Soweit zur Theorie. In der Praxis wurde das Problem des Einfügens und Wiederweglassens von Schalttagen folgendermaßen gelöst:
Da in vier Jahren ein Schalttag eingefügt werden muß, wurde festgelegt, daß alle Jahre, deren Jahreszahl durch vier ganzzahlig teilbar ist, Schaltjahre sind, also einen Tag mehr haben. Weil der Februar der kürzeste Monat des Jahres ist, lag es nahe, den Februar um einen Tag zu verlängern.
Ein Beispiel: 1991 war kein Schaltjahr, 1992 ist eines, weil 92 durch vier teilbar ist. Übrigens: Die Olympischen Spiele, die auch alle vier Jahre abgehalten werden, finden immer in Schaltjahren statt. Mit kleinen Ausnahmen, wie wir gleich sehen werden.
Nun müssen aber, wie oben gezeigt, in 400 Jahren drei Tage wieder eingespart werden. Hier wurde die gleiche Regelung, die für Jahre gilt, für die Jahrhunderte eingeführt:
Ist das Jahrhundert durch vier ganzzahlig teilbar, ist die zugehörige Jahrhundertwende ein Schaltjahr, sonst nicht. Das Jahr 1900 war demnach kein Schaltjahr, das Jahr 2000 wird eines sein, weil 20 durch vier teilbar ist. Und hier sieht man auch die Ausnahme mit den Olympischen Spielen: Da die Spiele ausnahmslos alle vier Jahre stattinden, waren 1900 ebenfalls welche, obwohl 1900 kein Schaltjahr war. Harald Schmidle
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