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Don John und die Ampelfrau

■ Nichts Neues vom hängenden Glied — das Schlechteste aus dem Künstlerclub Möwe

Echt, die müssen da 'n Problem haben, die drei auf der Bühne. Das muß man/frau sich erst einmal optisch vorstellen, zu welchem Behufe und Anlaß sie sich versammelt haben, ihre Weisheit dem Publikum kundzutun: John Diovanni oder Der Tanz um den Schwanz. Echt: Der Tanz um den Schwanz. Was die aber auch für ein Aufhebens um das Stück Fleisch machen, dessen Saft, wie sie selbst erkannt haben, heute ohnehin meist im Kondom versackt. Gut, das haben sie wohl registriert, aber damit haben die Informationen aus der heutigen Zeit, die sich um Mann, Frau, Schwanz, Loch und Liebe ranken, fast schon das Ende der Fahnenstange erreicht.

Aber von vorne: Wir sind ja immer sehr für das Klassische zu haben. Wenn sich dieses aber allein als der klassische Griff ins Klo entpuppt, hört's einfach auf. Hier muß Faust, der Gute, mit seiner Lust auf Frauen (und Gretchen) herhalten — aber wie: »Habe nun alle Frauen studiert, mit hohen, mit kurzen und jeglichen Beinen« — natürlich ist er so klug als wie zuvor. Tiefe, Wahrheit, die in seinem Text über die Liebe verborgen sein könnten — sie haben sich wahrscheinlich mit Schaudern davongemacht. So plätschern dann antiquierte Liebes- und vor allem Frauenbilder, auf das sanfteste umhüllt von diversen Flöten-, Gitarren-, Saxophon- und Klavierklängen, durch den Künstlerclub Möwe. Don Giovanni wurde kurzerhand modisch adaptiert zu John Diovanni und stiefelt ebenfalls mit verstaubten Vorstellungen durch den Lieder- und Szenenabend. Und weil Brecht, obwohl man ihn kennt (wie die Lacher im Publikum beweisen), ihnen zu nüchtern ist, verlassen sich Detlev Rose (voc., git., p.), Peter Kalei (voc., git.), Christian Georgi (fl., sax.) und Thomas Thiele (Idee und Texte) eher auf Reinhard Mey und (Schnulz-)Konsorten. Über den Wolken — so ähnlich klang's. Abgesehen davon, daß meine Freundin Reinhard Mey sowieso nichts mehr glaubt, war die ganze Aufführung im Grunde nur dann zu ertragen, wenn frau/man sich immer wieder ins Gedächtnis rief, in einer Uraufführung des Genres »Theater-Realsatire« zu sitzen.

Es war todernst gemeintes Theater, was die drei uns da erzählten: In Udo-Lindenberg-Manier (auch der mußte herhalten) hieß es: »Es gibt einen Mann, von stolzer Arroganz...« — Das reimte sich natürlich hervorragend auf Schw... — nur: Wo ist der Sinn? Der nächste Mann hatte einen wüsten Traum, von einem Baum, mit einem großen Loch — in das schlüpf er doch. Der nächste »Lacher«: »Dieser da«, Zeigefinger auf Detlev Rose, »ist ein ganz braver Geschlechtsverkehrsteilnehmer. Er glaubt noch immer, Frauen seien wie Ampeln. Er wartet auf Grün und denkt sich, die Frau fährt dann auf ihn ab.« (Dabei war es natürlich immer so: Wenn eine Frau Stop signalisiert, dann will sie doch nur eines..., oder irre ich mich etwa?) Peter Skalei hat das Problem nicht, kennt sich bei den Frauen aus; ein scharfer Blick ins Publikum, die Frauen werden taxiert: »...und du und du und du und du und du auch — ich will dich frei'n.« Und ich rutsche ein Stück weiter runter, verstecke mich hinter meinem Vordermann — daß mich bloß sein Blick nicht treffe. Derweil faseln sie auf der Bühne weiter — das Thema scheint, ganz wie im Programmheft angekündigt, wirklich unerschöpflich — von dem ewigen »Getöse um die Möse« und »Rasen beim Blasen«.

Überraschend spricht mir der nächste Song wirklich aus der Seele. »Komm laß uns flieh'n, flieh'n, in ein Café in Wien...« Oh ja, gerne. Auch wenn die drei im Künstlerclub Möwe ganz gute Musikanten sind (anbei: die Hammondorgel, die sich laut Namenszug vorne links als Eigentum eines gewissen Roland auswies, sollte künftig besser in der Requisitenkammer verstauben), kein Zweifel, sie können musizieren, sie können auch reden (auch wenn sie ab und zu ihre Texte vergessen und zwischendurch über ihre eigenen Witze lachen müssen) — aber was sie singen und reden, und wie... Ein Leid um die Laien- Leier.

Wer kann denn noch über 'ne Nummer lachen, die die Emanzen als »dragonische Keifzangen« darstellt? »Achtung! Emanzipation, stillgestanden!« Der Männer einfaches Gegenrezept: »Streich ihr übers Knie — dann hast du sie.«

Derlei Zitate ließen sich unendlich aneinanderreihen — jedes für sich ein Beleg für die Theater-Realsatire und die These vom Tier in ihm, dem rasenden Schwanz, der offensichtlich sämtliche Gehirnzellen abtötet. Aber ist es nur meine Lust, fragt sich der Mann. Na endlich — offensichtlich kommt jetzt die aktive Frau auf die Bühne. Aber nein, ihre Lust bleibt darauf beschränkt, sich von ihm haschen, erobern zu lassen. Noch eine Kostprobe dieses überaus anregenden Abends gefällig? »Der Mann stirbt pflichtgemäß als Held...« Ach je, der Arme. Na gut, ich bin mal gnädig: Abgang, sterben lassen! Neue Männer braucht das Land. Petra Bändle

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