: Haßliebe
■ betr.: "Wenn der grünen Basis der Kamm schwillt", taz vom 29.2.92
betr.: „Wenn der grünen Basis der Kamm schwillt“, Kommmentar von Götz Aly, taz vom 29.2.92
Ihr lest offensichtlich nicht, was Ihr selbst druckt. In obiger Sache kommentiert Götz Aly über die Schieflage der vermurksten Pseudobasis bei den Grünen sehr richtig. Das ist mit einiger Sicherheit nicht die Basis der Grünen, der da der Kamm schwillt, wenn mit der Gruppe 90 von gleich zu gleich verhandelt wird.
Was sich da immer schon als Basis sieht, gehört einer verbohrten, sektiererischen Clique an, mit meist sehr partikulären Ansprüchen, die in ihrem eigenen (sich als Basis verstehenden) Fett schmort und bisher jede Mitglieder-Urabstimmung bei den Grünen verhindert hat. Es könnte dabei ja die wahre Basis ungewünschte Mehrheiten bekommen, die dann nicht, wie auf überfrachteten und emotionell aufgeheizten Delegierten-Tagungen manipulierbar ist.
Viele Mitglieder gehen, dieser Gremiengurken wegen, kaum noch zu KVs. Wenn die die Basis wären, wären die Grünen bei keiner Wahl über 0,5 Prozent gekommen. Manfred Döhlinger, Northeim
Kommentare wie der von Götz Aly bestärken mich in meinem Verdacht, daß es vielen bei der Vereinigung von Grünen und Bündnis90 nicht um einen demokratischen Diskussionsprozeß geht, sondern daß es ihnen darum geht, ihre Haßliebe zur grünen Partei auszuleben. Ist es denn so schwer nachzuvollziehen, daß pauschale Verunglimpfung, wie zum Beispiel zuletzt von Wolfgang Templin, bei Parteimitgliedern, die sich seit Jahren für Ökologie, Abrüstung und Menschenrechte einsetzen, ohne von den Medien als „Intellektuelle“ erkannt worden zu sein, Empörung hervorrufen.
Das Problem des Bündnis90 ist doch gerade, daß ihm eine solche Basis, ohne die keine Partei überleben kann, weitgehend fehlt. Individualismus ist eine Tugend, die die wenigsten Grünen, die ich kenne, verachten, aber gerade die Wiederholung der Kinderkrankheiten der grünen Partei, die wir zur Zeit bei der SPD erleben, macht doch deutlich, daß eine politische Kraft, die ihren Willen nicht bündeln kann, in einer Konkurrenzdemokratie keine Chance hat. Ich würde mir wünschen, daß das Bündnis90 sich auch gegenüber den Grünen seiner Konsensorientierung erinnert. Thomas Groß, Heidelberg
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