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Rußlanddeutsche weiter skeptisch

Berlin (taz) — Der Parlamentarische Staatssekretär Horst Waffenschmidt (CDU) knüpft seine Hoffnung, die fast zwei Millionen ausreisewilligen Rußlanddeutschen aus der Bundesrepublik herauszuhalten, seit Montag an ein Dekret des russischen Präsidenten Boris Jelzin. Der Bonner Innenpolitiker, zuständig für Aussiedlerfragen, befürwortet energisch die Wiederansiedlung der Rußlanddeutschen an der Wolga, von wo sie 1941 durch einen Erlaß Stalins nach Sibirien und in die zentralasiatischen Sowjetrepubliken vertrieben wurden. Für die Entwicklung der neuen Wolgarepublik hält der Haushaltsausschuß des Bundestages im Augenblick noch hundert Millionen Mark zurück, die erst dann freigegeben werden sollen, wenn von russischer Seite konkrete Maßnahmen zur Installierung eines deutschen Siedlungsgebiets sichtbar werden.

Nach heftigen Protesten der lokalen russischen Bevölkerung gegen eine Rückkehr der Deutschen wollte sich Jelzin erst einmal nicht an das entsprechende Abkommen vom November 1991 erinnern — bis er am vergangenen Montag überraschend ein Dekret erließ, das die Gründung zweier deutscher Nationalkreise an der Wolga vorsieht, rechtzeitig vor der nächsten Sitzung des Haushaltsausschusses am 13. März, auf der die Millionen freigegeben werden könnten.

Was aber für Waffenschmidt ein „großer Schritt nach vorn“ ist, gilt für die Organisation der Rußlanddeutschen in den GUS-Staaten, „Wiedergeburt“, nur als „weitere halbe Lösung“. Interessant sei allein die volle Wiederherstellung der Wolgarepublik, hieß es gestern in Moskau. Damit scheint Waffenschmidts Aufforderung, die Rußlanddeutschen sollten das Angebot als „erste Etappe zur Wolgarepublik“ schnell und effektiv nutzen, bereits beantwortet. bg

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