: Peinlicher (Ehe-)Paarlauf
■ Verhoevens: „Lilli Lottofee“, Dienstag, 20.50 Uhr, ZDF
Sechsmal komisch Gemeintes präsentiert uns das ZDF nun auch am Dienstag abend rund ums Lotto: Doch die Chance, daß bei diesen Ergötzlichkeiten aus dem kreativen Künstlerhaushalt Verhoeven/Berger sechs Richtige herausspringen, ist nach der ersten Ausgabe bereits dahin. Da mühten sich West-Mimen gequält um akzentfreies Sächsisch und mußten sich, als dumme Ossi- Truppe verkleidet, auf einer Kaffeefahrt Rheumadecken andrehen lassen. Doch das wahrscheinlich urkomisch gemeinte Spiel mit Klischees hatte weder Witz noch Hintersinn, sondern entpuppte sich bald als seichter Allerweltsklamauk.
Aber letztlich war's auch völlig wurscht. Denn all die Episödchen dienten Autor und Regisseur Michael Verhoeven lediglich als Beiwerk für ein (erneutes) Solo für Senta. Nach Schnelle Gerdi präsentierte er seine Gattin alias Liselotte Schattenfroh (schon der geballte Witz des Namens vermag einen glatt aus dem Fernsehsessel zu hauen) als etwas naive Frau mit dem Herz am rechten Fleck. Mal im Dirndl, mal in Leggins — eine Stunde lang keine Einstellung, die nicht einzig und allein dem Zwecke diente, Senta Darling ins rechte Licht zu setzen. Unter all den anderen Darstellern, die bei diesem peinlichen (Ehe-)Paarlauf zu Beleuchtern degradiert wurden, vermochte lediglich Heinz Hönig als windiger Kaffeefahrten-Iacocca eine respektable Figur zu machen.
Wenn man Lilli Lottofee etwas Bemerkenswertes abgewinnen konnte, so war es die eindrucksvolle Demonstration jener Konsequenz, mit der man beim ZDF dabei ist, auch die Prime Time mit quotensicherer Vorabend-Schonkost zu verkleistern. Einzig die Ansagerin hatte scheinbar Probleme mit dem Umstand, daß so etwas heutzutage von einer Fernsehspiel-Redaktion verantwortet wird und flötete im Kindergärtnerinnen-Tonfall: „Wie es mit Lilli weitergeht, liebe Zuschauer, erfahren Sie in der nächsten Woche.“ Vielen Dank auch, muß nicht sein. Da lassen wir uns doch lieber von der echten Lotto-Karin mit den rollenden Kügelchen aufs Wort zum Sonntag einstimmen. Da hat's wenigstens eine klare Dramaturgie, 49 gleichberechtigte Darsteller und garantierte Überraschungsmomente. Und was das Tollste ist: In fünf Minuten ist alles vorbei. Reinhard Lüke
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