: Kieler Zebrasprotten
■ Handball-Bundesliga: Zum Abschluß der Punktrunde besiegt der THW Kiel den SC Magdeburg mit 22:16
Hamburg (taz) — Hartmut Krüger neigt eigentlich nicht zum Übermut, spontanes Verhalten ist ihm fremd. Doch was war das nur mit seiner merkwürdigen Fingerbewegung, diesem Daumenreiben auf Zeige- und Mittelfinger? Was wollte der Trainer des SC Magdeburg Zuschauern und Verantwortlichen des THW Kiel damit sagen? „In der Zeichensprache gibt es wohl keine Unterschiede zwischen Ost und West“, beschwerte sich Heinz Jacobsen, Manager der Schleswig-Holsteiner.
Aber für Krüger war alles nur ein bedauerliches Mißverständnis: Von Schiebung, von bestochenen Schiedsrichtern wollte er nichts wissen, nein: „Kiel hat völlig zu Recht gewonnen.“ Das Zwischenspiel bei der Pressekonferenz nach dem letzten Spieltag der Handballbundesliga vor der Play-off-Runde machte deutlich: Die Nerven liegen blank — vor allem bei den Kielern. 22:16 hatten sie in der Hamburger Sporthalle — in der heimischen Ostseehalle war wegen einer Motorradshow kein Platz — gegen den besten Klub aus der früheren DDR gewonnen, Platz zwei also hinter dem Nordgruppensieger TUSEM Essen — und die Fans haben nur eines im Sinne: „Wer wird Deutscher Meister? — Tee-haa-wee, tee-haa- wee“, intonierten sie zwischen Verdis Triumphmarsch und We are the champions.
Meister also sollen sie werden, die „Zebras“ aus der schleswig- holsteinischen Hauptödnis namens Kiel, dem Ort, wo der THW schon deshalb das „Aushängeschild“ ist, weil die Fußballrepublik in Hamburg endet und sich bis zur Förde niemals so recht ausdehnen mochte.
Doch an genau diesen Emotionen, den Hoffnungen sind die THW-Mannen zuletzt immer gescheitert. 1963 konnten sie zuletzt die Meisterschale gewinnen, dazwischen — 1964, 1983, 1985 und 1989 — reichte es jeweils nur trotz üppig verteilter Vorschußlorbeeren zum Vizetitel. Die schlechten Erfahrungen mit eigener Großspurigkeit haben in dieser Saison dazu geführt, daß die Nomenklatura des THW tief, sehr tief stapelt. „Wir sind froh, daß wir die einteilige Bundesliga erreicht haben“, schwitzte es aus Trainer Oertel heraus. Manager Heinz Jacobsen, der nur gelegentlich unvorsichtig schwärmt, nie habe es einen besseren THW gegeben, sekundiert bei offiziellen Anlässen: „Das nächste Spiel ist immer das schwerste.“
Der Fall ins Nichts soll diesmal vermieden werden, Hochmut gleichfalls. In knapp zwei Wochen steht das erste Play-off-Spiel gegen den Dritten der Südliga, den TSV Milbertshofen, auf dem Programm: „Die sind stark“, schwört Holger Oertel.
Und doch äußern die Spieler um den überragenden Spielmacher Magnus Wislander, dem Mitglied der schwedischen Weltmeistermannschaft, verhaltenen Optimismus: „Wenn wir weiter konzentriert arbeiten, müssen wir keine Angst haben.“
Im übrigen dürfte Milbertshofen zumindest in der entscheidenden dritten Partie kein Problem werden: Dann müßte wieder nach Hamburg ausgewichen werden, in Kiel hält eine Ausstellung „Freizeit in Schleswig-Holstein“ die Ostseehalle besetzt. Manager Jacobsen wäre es nur recht: „Die Stimmung hier ist einmalig.“ 3.800 der 6.000 Dauerkarteninhaber hatten sich auf den Weg in die Millionenstadt gemacht, 34 Busse voller „Zebrasprotten“, Fuhren puren Siegeswillens. „Hier konnten wir nur gewinnen“, wußte erleichtert eine Sprotte nach der Schlußsirene auszurufen. Arne Fohlin
Gruppe Süd: Großwallstadt - Dessau 27:16, Leipzig - Leutershausen 22:19, Eisenach - Aue 24:19, Niederwürzbach - Schutterwald 21:17, Suhl - Milbertshofen 16:18, Gummersbach - Eitra 16:16, Wallau-Massenheim - Cottbus 31:22; Tabelle: 1. Wallau-Massenheim 44:8; 2. Leutershausen 39:13; 3. Milbertshofen 38:14; 4. Schutterwald 35:17; 5. Niederwürzbach 35:17; 6. Gummersbach 33:19; 7. Großwallstadt 28:24; 8. Eitra 25:27; 9. Leipzig 24:28; 10. Eisenach 18:34; 11. Suhl 13:39; 12. Dessau 12:40; 13. Cottbus 11:41; 14. Aue 9:43
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen