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Kein Asyl für DDR-Vietnamesen

■ Urteil gegen Bayerischen Staatsgerichtshof

Wer als Vietnamese im Ostblock als Gastarbeiter tätig war und mit der Auflösung zum Beispiel der DDR in die westliche Bundesrepublik kam, bekommt dort kein Asyl. Der 11. Senat des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg wies am Mittwoch die Klagen mehrerer Vietnamesen auf Anerkennung als Asylberechtigte ab. (Aktenzeichen: 11 L 6146/91 u.a.)

Zur Begründung hielten die Richter den Klägern vor, daß die in das Gastarbeiterprogramm des vietnamesischen Staates seinerzeit aufgenommenen Vietnamesen keine Regimegegner, sondern häufig Mitglieder kommunistischer Organisationen gewesen seien, die von ihrem Staat für die Entsendung in den Ostblock ausgesucht worden seien. Die Entsendung beispielsweise in die DDR oder die damalige CSSR habe als „erstrebenswertes Privileg“ gegolten.

Daher halten die OVG-Richter es für nicht wahrscheinlich, daß die Kläger im Falle ihrer Rückkehr in die Heimat wegen illegalen Verbleibens im Ausland bestraft werden. Dies hatten mehrere Kläger zur Begründung ihrer Klagen angeführt. Die Anwendung eines derartigen Straftatbestandes, der als Strafen entweder einen Verweis oder ein Jahr Umerziehung ohne Verwahrung oder Haft von drei Monaten bis zu zwei Jahren vorsehe, richte sich nach der „politischen Opportunität“, sagte Senatsvorsitzender Günther Stelling. Bestrafungen in vergleichbaren Fällen seien in Deutschland nicht bekannt geworden. Nach den dem Gericht gegenwärtig vorliegenden Auskünften und gutachterlichen Stellungnahmen erscheine das Risiko einer Bestrafung im Falle der Rückkehr „eher gering“ zu sein. Schließlich hätten die Vietnamesen ihr Heimatland nicht aus Furcht vor politischer Verfolgung verlassen.

Keine Gefahr bei Rückkehr

Das Lüneburger Urteil widerspricht dem bislang einzigen anderen obergerichtlichen Urteil: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte Vietnamesen Ende 1991 ein Bleiberecht zugestanden, solange ihnen in Vietnam drei bis zehn Jahre Haft wegen Republikflucht drohten. Das OVG Lüneburg indes bezog in seine Entscheidung auch die geplanten Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik, der vietnamesischen und der niederländischen Regierung über die Rückkehr vietnamesischer Asylbewerber ein. Die Kontakte wurden vom Gericht als Signal für eine gefahrlose Rückkehr gewertet. In der OVG-Verhandlung wurde bekannt, daß die Bundesrepublik anstrebt, Wirtschaftshilfe an Vietnam gegen die Zusicherung zu zahlen, die Rückkehrer nicht strafrechtlich zu verfolgen. dpa

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