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Aufruhr in algerischem Lager

Algier (afp) — In zwei der sieben Gefangenenlager im algerischen Teil der Sahara, wo seit Februar fast 7.000 politische Gefangene in Verwaltungshaft sitzen, herrscht Aufruhr. Wie es seitens der Islamischen Heilsfront (FIS) und Augenzeugen hieß, lehnen die Gefangenen den Besuch ihrer Angehörigen aus Protest gegen ihre „Willkürhaft“ und die schweren Haftbedingungen ab. Die Häftlinge erhalten den Berichten zufolge nur fünf Liter Wasser pro Tag zum Waschen und Trinken, die Lebensmittelversorgung ist spärlich. Tägliche Temperaturschwankungen von 40 Grad Celsius sind keine Seltenheit. Allein in dem Lager von Reggane sind nach Angaben der FIS bereits 17 Menschen gestorben.

Nach offiziellen Angaben sind 75 Prozent der Gefangenen in Reggane (3.004 Personen) und Ouargla (2.133 Personen) untergebracht. Die Meuterei in Reggane und Ouargla wird den Berichten zufolge von „Gefangenenkomitees“ organisiert, die wie die Häftlingskomitees in den Internierungslagern der französischen Armee während des Algerienkrieges (1954-1962) funktionieren sollen. Eine Delegation der regierungsnahen Algerischen Menschenrechtsliga hatte am 5. März das Lager in Ouargla besichtigt und die schwierigen Haftbedingungen bestätigt. Zwei Abordnungen des Internationalen Roten Kreuzes und von amnesty international, die sich am Wochenende in Algerien aufhielten, sollten die Zentren in Ouargla und Reggane in den folgenden Tagen besuchen. Nach den dreitausend Gefangenen in Reggane verweigerten auch die zweitausend Häftlinge in Ouargla am Samstag den Besuch ihrer Familien. Die Verwandten beklagen, daß sie die Gefangenen in Ouargla „völlig verändert“ und „abgemagert“ vorgefunden hätten, die Stimmung sei „gedrückt“. Die Besuche dauern gewöhnlich nur fünf Minuten, Gefangene und Angehörige können nur durch zwei Maschendrahtzäune hindurch über eine Distanz von einem Meter miteinander sprechen. Zudem werden die Besucher nur in Gruppen von 40 Personen zu den Häftlingen vorgelassen. Innenminister Larbi Belkheir hatte am Donnerstag angekündigt, daß die Gefangenen, die keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellten, am Ende des Fastenmonats Ramadan, also am 4. April, freikommen sollten.

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