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Rechtsextreme Antidrogen-Kampagne

Neonazi-Gruppen wollen am Samstag in Leipzig gegen Drogen und Ausländer demonstrieren  ■ Von Bernd Siegler

Unter dem Motto „Drogendealer ins Arbeitslager“ wollen Rechtsextremisten am Samstag in Leipzig „ein deutliches Zeichen gegen die Drogenflut in den neuen Bundesländern“ setzen. Sie greifen damit ein derzeit in der öffentlichen Diskussion befindliches Thema auf, um ihre rassistischen Inhalte zu transportieren, gegen Ausländer und Flüchtlinge zu hetzen und neue Anhänger zu rekrutieren.

Mit der Hamburger „Nationalen Liste“ (NL), der süddeutschen „Nationalen Offensive“ (NO) und der Leipziger „Deutschen Front Connewitz“ ruft das militante Spektrum zu dieser Demonstration auf. In dieses Bündnis ist nicht nur der Shooting- Star der rechtsextremen Szene, der Vorsitzende des „Deutschen Jugendbildungswerks“, Bela Ewald Althans aus München, sondern auch die thüringische Nationaldemokratische Partei (NPD) eingeschlossen. Deren Vorsitzender, der ehemalige FDJ- Sekretär Thomas Dienel aus Weimar, hat den Aufzug bei den Behörden angemeldet. Schon lange versuchen Rechtsextremisten aller Schattierungen, die Drogenproblematik für ihre Propaganda für Sicherheit und Ordnung und gegen Ausländer zu nutzen. So schlug die der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“ nahestehende Zeitschrift 'Nation‘ im Dezember „Alarm“, daß „ausländische Rauschgifthändler zunehmend den deutschen Markt überschwemmen“ würden. Die Republikaner gingen von Anfang an mit der simplen Formel „lebenslängliche Freiheitsstrafe für Rauschgiftgroßhändler, sie sind Mörder auf Raten“ auf Stimmenfang. Eine Forderung, die inzwischen nicht nur von Neonazi- Gruppen aufgegriffen wurde, sondern auch von Bayerns Innenminister Edmund Stoiber.

In einem Flugblatt fordert die militante „Nationale Offensive“ (NO) „Radikalkuren gegen die Drogenmafia“. Kleindealer gehörten „ins Arbeitslager“, „Hintermänner, Großdealer und Geldwäscher an den Galgen“. Die im Juni 1990 von ehemaligen Mitgliedern der „Freiheitlich Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP) gegründete NO wendet sich „energisch gegen die weiche Welle im Umgang mit den Mördern auf Raten“ und bringt unzweideutig Ausländer und Flüchtlinge ins Spiel: „Orientalisch ist aber nicht nur die Droge, sondern oft auch der Drogenhändler.“

Die in Augsburg ansässige NO, die jedes Jahr zu den Kundgebungen für Rudolf Heß aufruft, derzeit Veranstaltungen mit dem Briten David Irving organisiert und Freiheit für den NS-Verbrecher Josef Schwammberger fordert, plädiert in ihrem Programm für eine „Rückführung der Ausländer“ und bezeichnet „Kulturvermischung als Völkermord“.

Auch die Hamburger „Nationale Liste“ um den Kühnen-Getreuen Christian Worch hat den Kampf gegen Drogen schon lange auf ihre Fahnen geschrieben. Der „wirksame Kampf gegen Drogenhandel“ ist Teil ihres „Kampfes gegen die Überfremdung unseres Vaterlandes“. Die NL macht „Ausländer- und Integrationswahn“ der Politiker für die „immer größer werdende Rauschgiftepidemie“ verantwortlich und fordert „Todesstrafe für Großdealer und ein Zuzugsverbot für Staatsangehörige aus Drogen-Exportländern“.

In ihrer Zeitung 'Index‘ erinnert die NL auch an den im Juni letzten Jahres von Zuhältern in Dresden erschossenen Neonazi-Führer Rainer Sonntag. Hauptanliegen dieses „Blutzeugen des Reiches“ sei der „Kampf gegen ausländische Glücksspielerbanden, Pornographie, Drogenhandel und Prostitution“ gewesen.

In der Tat hatte Sonntag erfolgreich versucht, nach dem Fall der Mauer insbesondere in Dresden mit seinem „Nationalen Widerstand Deutschlands“ (NWD) über soziale Probleme neue Anhänger zu gewinnen. Der NWD wollte nicht nur gegen Sozialabbau kämpfen, sondern sich als „Partei für Recht und Ordnung“ etablieren.

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